Stadtraum

Dächer von heute sind die Grundstücke von morgen

Aufstockung in Paris
Elogie-Tlemcen-Amandiers. © AlexisToureau

Immer mehr Menschen ziehen in Städte und Metropolregionen. Dadurch steigt der Bedarf an Wohnraum bei knapper werdenden bebaubaren Flächen.

Die Nachfrage nach Wohnraum in den Ballungszentren wächst weiter. Eine Alternative zur Schaffung von Wohnraum in den Großstädten ist die Aufstockung bestehender Gebäude. Untersuchungen haben ergeben, dass ungefähr 1/4 der bereits vorhandenen Gebäude stabil genug sind, um zusätzliche Geschosse aus Holz zu tragen.

Brach liegende Flächen an Bahntrassen genauso wie vormals gewerblich genutzte Flächen werden in den innerstädtischen Bereichen als Bauland erschlossen. Aber die Flächen sind begrenzt. Um darüber hinaus Wohnraum zu schaffen, wird die Nachverdichtung in Form von Schließung von Baulücken oder dem effizienteren Ersatzbau forciert. Die Stadt Bonn zum Beispiel hat im Februar 2016 ihr Katasteramt in „Amt für Bodenmanagement“ umbenannt. Eine Kernaufgabe ist die Förderung der Nachverdichtung in der Stadt.

Eine weitere Alternative zur Schaffung von Wohnraum in Großstädten ist die Aufstockung bestehender Gebäude. In der Aufstockung von Einfamilienhäusern haben die Holzbaubetriebe viel Erfahrung. Der wachsende Wohnflächenbedarf pro Kopf lässt viele Einfamilienhäuser aus den sechziger und siebziger Jahren für Familien oft zu klein erscheinen. Aus diesem Grund werden viele dieser Häuser angebaut oder um ein Vollgeschoss ergänzt. Was jedoch bisher weniger häufig gemacht wurde, sind großflächige Aufstockungen von Bürogebäuden, Hotels oder großen Wohngebäuden. Nachdem einige Wohnungsbaugesellschaften zum Beispiel in München sehr gute Erfahrungen mit der Aufstockung in Holzbauweise gemacht haben, rückt dieses Thema zunehmend in den Blickpunkt der Immobilienbesitzer.

Um hier Klarheit über das deutschlandweite Potenzial zu bekommen, hat die B+L Marktdaten GmbH im Kundenauftrag eine Primärerhebung durchgeführt, die das Aufstockungspotenzial bestimmt.

Auf den Dächern der Städte ist noch viel Platz für Aufstockung

In verschiedenen Städten wurde durch persönliche Sichtung oder Begehung sowie per Street View die Aufstockbarkeit untersucht. Dabei wurden z.B. in Bonn und Hannover jeweils 120 Straßen komplett Haus für Haus bewertet. Hierbei stand die bauaufsichtliche Realisierbarkeit im Mittelpunkt der Bewertung. Eine Beurteilung der statischen Möglichkeiten wurde nicht vorgenommen. Die auf diese Weise berechneten aufstockbaren Grundflächen können somit als Richtwert an der oberen Grenze des Potenzials gelten.

Mit dieser repräsentativen Straßen-Stichprobe wurde das Aufstockungspotenzial pro Stadt hochgerechnet. Im zweiten Schritt wurde eine Hochrechnung für ganz Deutschland vorgenommen.

Geschossaufstockung in Holzrahmenbauweise

Insbesondere eine Geschossaufstockung in Holzrahmenbauweise kann eine schnelle – und günstige – Lösung sein, vor allem wenn die Tragfähigkeit der vorhandenen Bauteile ausgereizt oder das Gebäude nicht für größere Lasten ausgelegt ist. Denn der Baustoff Holz weist eine hohe Festigkeit bei relativ geringem Gewicht auf. Somit könnten mit weiter steigender Akzeptanz der Holzbauweise die Potenziale in Bezug auf die zu realisierende Wohnfläche erheblich größer ausfallen.

Das hier gezeigte Beispiel Bonn zeigt eine gesamte Wohngebäudegrundfläche von 6,6 Mio m². Davon lassen sich laut den Erhebungen theoretisch 27 % aufstocken. Damit könnten allein in der ehemaligen Bundeshauptstadt über 20.000 Wohnungen mit einen Investitionsvolumen von über 4,0 Mrd. EUR geschaffen werden.

In ähnlicher Weise wurden weitere Städte untersucht. Nimmt man die Ergebnisse dieser Städte als Grundlage und rechnet das Potenzial auf die deutschen Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern hoch, so ergibt sich ein Aufstockungspotenzial in Deutschland von rund 100 Mio. m². Auf dieser Basis würde bei einem jährlichen Fertigstellungsvolumen im deutschen Wohnbau von rund 25 Mio. m² der Wohnraumbedarf über 4 Jahre vollständig über Aufstockungen gedeckt werden können. Das ist gerade deshalb von Bedeutung, weil Baugrundstücke in verdichteten Ballungsräumen rar sind.

Nun gilt es, mit entsprechenden Impulsen die Entscheidungsträger in den Bauverwaltungen wie auch Wohnungsbaugesellschaften und private Investoren zu motivieren, dieses große Potenzial erschließbar zu machen. Die Voraussetzungen in den Städten sind zwar unterschiedlich, aber eine zunehmende Bereitschaft auf städtebaulicher Ebene ist erkennbar. Traditionellen Projektentwicklern fehlt häufig das Fachwissen, Aufstockungsprojekte lösungsorientiert anzugehen. Die Holzbauunternehmen sind gefordert, auf die Verwaltungen und auf Privateigentümer zuzugehen und Projektentwicklungen vorzuschlagen. Durch diese Initiative könnte zum einen im stadtnahen Umfeld zusätzliche Bodenversiegelung reduziert werden und auf der anderen Seite dringend benötigter innenstadtnaher Wohnraum geschaffen werden.

Weitere Informationen: www.metsawood.com