Kommunikation: Projekte

Erwerbsarbeit im Zeitalter der Cloud

Arbeiten in der Cloud
Arbeiten in der Cloud. © pixabay

Arbeitnehmerstatus in der digitalen Welt neu definieren

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft zeichnet sich eine Revolution der Arbeitswelt ab. Neue Organisationsformen von Arbeit wie das viel diskutierte „Crowdsourcing“ sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Unter der Oberfläche vollzieht sich vielmehr ein fundamentaler Umbruch in der Produktionsweise des Kapitalismus. „Cloudworking“ wird zur neuen Leitorientierung – eine Entwicklung, die gravierende Folgen für die Erwerbsarbeit hat. ISF-Vorstandsmitglied PD Dr. Andreas Boes plädiert dafür, den Arbeitnehmerstatus den sich verändernden Bedingungen der digitalen Arbeitswelt anzupassen.

Herausforderung Cloud und Crowd

„Wenn wir eine Erosion unseres Systems gesellschaftlicher Arbeit verhindern wollen, dürfen wir den Arbeitnehmerstatus mit seinen verbrieften Schutzrechten nicht zur Disposition stellen“, betonte der Koordinator des BMBF-Verbundprojekts „Herausforderung Cloud und Crowd“ im Rahmen der zehnten Sozialstaatsenquete des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, die am 4. November 2016 zum Thema „Arbeiten in der Wolke“ in Wien stattfand. Nur so könne der gegenwärtige grundlegende Umbruch im Sinne der Menschen und der Wohlfahrt der Gesellschaften gestaltet werden.

Auslöser für diesen Umbruch ist ein auf Basis des Internets entstandener global verfügbarer und vernetzter Informationsraum, der als sozialer Raum eine neue Handlungsebene für die Weltgesellschaft öffnet. Für Unternehmen bildet er einen „neuen Raum der Produktion“, dessen Möglichkeiten zur Organisation von Wertschöpfung und Arbeit sie derzeit ausloten. Kern ihres neuen Bauplans ist die offene und flexible Gestaltung von Wertschöpfungssystemen, wie sie das Silicon Valley bereits vorlebt. „In der Folge wird Cloudworking zur neuen Leitorientierung der Organisation von Arbeit und der Öffnung der Unternehmen“, beschrieb der Soziologe die Entwicklung.

Transfer in die digitale Arbeitswelt

Cloud-Plattformen fungieren als Rückgrat der offenen Zusammenarbeit im Informationsraum und ermöglichen eine flexible Zusammenarbeit zwischen festangestellten Beschäftigten, Kunden und Solo-Selbständigen. Im Zuge dieser Entwicklung verschwinden nicht nur die Grenzen zwischen den klassischen Industrien. Auch Macht und Hierarchien innerhalb der Wertschöpfungssysteme werden neu sortiert. Diese Trends haben das Potenzial, das seit dem Zweiten Weltkrieg entstandene System gesellschaftlicher Arbeit mit dem geschützten Status des Arbeitnehmers im Zentrum zu destabilisieren und die zum Schutz von Lohnarbeit geschaffenen Institutionen – Sozialversicherungen, Mitbestimmungsrechte und das Arbeits- und Tarifrecht – unwirksam zu machen: „Die Herausforderung ist es jetzt, ihre Rolle und Instrumente neu zu definieren und so den Transfer unseres bewährten sozialen Sicherungssystems von der analogen in die digitale Arbeitswelt zu bewältigen“, erklärte Boes abschließend.

Der interdisziplinäre Forschungsverbund „Herausforderung Cloud und Crowd: Neue Organisationskonzepte für Dienstleistungen nachhaltig gestalten“ nimmt unter Federführung des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung München (ISF) „Cloudworking“ und „Crowdsourcing“ aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick. Im Fokus stehen dabei die Konzepte und Strategien von Vorreiterunternehmen, die Crowdsourcing-Plattformen in ihrer Funktion als Intermediäre und die „Solo-Selbstständigen“, die in der Cloud ihre Leistungen anbieten. Das Teilprojekt des ISF widmet sich den Strategien führender Unternehmen aus der ITK-, der Automobil- und der Elektrotechnikbranche und ihren neuen cloud-basierten Geschäftsmodellen, Wertschöpfungssystemen und Organisationskonzepten von Arbeit.

Weitere Informationen:

Das Projekt Cloud und Crowd

Das ISF München


Zum Projekt

Das Projekt „Herausforderung Cloud und Crowd: Neue Organisationskonzepte für Dienstleistungen nachhaltig gestalten“ ist ein Verbundprojekt unter Leitung des ISF München und in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel, der Ludwig-Maximilians-Universität München, der IG Metall, ver.di und andrena objects ag. Es wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ durchgeführt. Als Value- und Praxispartner beteiligen sich: Audi AG, BMW AG, Daimler AG, Deutsche Telekom Kundenservice GmbH, Deutscher Crowdsourcing Verband (DCV) e.V., jacando AG, SAP SE, Testbirds GmbH, test IO, T-Systems International GmbH und Upwork Global Inc.