Stadtraum: Projekte

Helsinki: Aus Hafenbrachen entstehen neue Stadtviertel

Helsinki Hafenbezirk
Die Entwicklung neuer Viertel konzentriert sich vor allem auf die Hafen- und Logistik-Brachen in Helsinki

Finnlands Hauptstadt entwickelt Visionen für 2030 und 2050

Die Region um Finnlands Hauptstadt Helsinki gewinnt zunehmend an Bedeutung: Bereits heute lebt jeder fünfte Einwohner Finnlands in der Hauptstadt-Agglomeration – allein zwischen 1980 und 2013 stieg die Bevölkerungszahl Helsinkis und der Nachbarstädte Espoo, Vantaa und Kauniainen um 43,6 Prozent auf 1,1 Mio. Menschen. Im Jahr 2020 werden laut offizieller Prognose 1,2 Mio. Einwohner im Großraum leben.

Durch den Zuzug wächst die Metropolregion immer stärker zusammen, und so überlegen die Stadtplaner, Helsinki, Espoo, Vantaa, Kauniainen und eventuell Sipoo im Osten und Tuusula im Norden zu einer Hauptstadtkommune zu fusionieren.

Dennoch soll das heutige Gebiet von Helsinki das Zentrum bleiben und 2050 etwa 860.000 Menschen Lebensraum (2014: 614.000) und etwa 560.000 Personen Arbeitsplätze bieten. Dies sieht der 2014 verabschiedete aktuelle Stadtplanungsentwurf vor.

Vision für 2030 und 2050

Freilich hat die Stadtentwicklung schon mit dem Zustrom der letzten Jahre nicht Schritt gehalten, die Immobilienpreise haben bereits deutlich angezogen. Pro Quadratmeter bestehender Wohnfläche zahlte man 2014 im Großraum Helsinki durchschnittlich 3.578 Euro – 40,8 Prozent mehr als 2005. Für Neubauten lag der Quadratmeterpreis mit 4.691 Euro sogar 50,9 Prozent höher als 2005. Und so wandeln sich derzeit alte Industrie- und Hafenareale in neue Wohn-, Büro-, Einkaufs- und Freizeitgebiete, welche meist attraktiv am Wasser liegen.

Die Entwicklung neuer Viertel konzentriert sich vor allem auf die Hafen- und Logistikbrachen in der erweiterten Innenstadt von Helsinki. So entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Ölhafens der neue Bezirk Kruunuvuorenranta. Das Areal liegt sehr attraktiv am Wasser mit Blick auf das Zentrum und wird mit der Innenstadt durch eine neue Meeresbrücke verbunden sein. Auf den nördlich des Zentrums gelegenen, weitläufigen Rangier- und Logistikflächen von Pasila sollen 2040 in einer teilweise sehr kompakten Bebauung 20.000 Menschen wohnen und 50.000 Personen arbeiten.

Kunst und Kultur: Guggenheim-Museum und Sportarenen

Als Kunstmetropole von internationalem Rang könnte Helsinki stark an Bedeutung gewinnen, sollte es zum Bau des neuen Guggenheim-Museums kommen. Hierfür sehen die Stiftung und die Stadt Helsinki einen sehr attraktiven Hafenstandort in bester Zentrumslage vor. Eine Architekturausschreibung hat Ende 2014 zur Auswahl von sechs Entwürfen geführt. Über eine Realisierung ist jedoch noch nicht entschieden. Vorbehalte gibt es unter anderem wegen der erwarteten Kosten.

Bereits ab 2016 steht die Modernisierung des Olympiastadions an. Die Anlagen wurden zu den Sommerspielen 1952 fertiggestellt und stehen in weiten Teilen unter Denkmalschutz. Eine mit Kosten von bis zu 420 Mio. Euro noch weitaus größere Dimension hätte der Bau der neuen Eis- und Mehrzweckarena in unmittelbarer Nähe des Olympiastadions, die der populäre Eishockeyclub IFK für seine Heimspiele nutzen würde – und die auch andere Geschäfts- und Freizeitangebote offerieren könnte.

Holzbauten liegen im Trend

Als traditioneller und zugleich nachhaltiger Werkstoff steht Holz zunehmend im Fokus. So wird Helsinkis neue Zentralbibliothek, die am Unabhängigkeitstag (6. Dezember) 2018 öffnen soll, ein Holzbau sein. Auf den früheren Containerstellplätzen im Südwesten des Zentrums errichtet das Bauunternehmen SVR zusammen mit Finnlands größtem Holz- und Papierkonzern Stora Enso auch die „Wood City“. Aus Holz entstehen dort in Modulbauweise vier Wohngebäude mit bis zu sieben Etagen, außerdem Büros und ein Hotel. Diese „Wood City“ ist Teil des neuen Bezirks Jätkäsaari, wo 2030 etwa 24.000 Menschen wohnen und 10.000 Einwohner arbeiten werden. Auch anderswo in der Hauptstadtregion sind größere Wohnanlagen aus Holz in Planung, etwa in Helsinki-Myllypuro oder in Espoo und Vantaa. In Finnland gehen Bau- und Holzkonzerne oft eine Partnerschaft bei großen Holzbau-Projekten ein. Finnische Papierhersteller wie Stora Enso suchen intensiv nach neuen Geschäftsfeldern, da die Nachfrage wegen der Digitalisierung sinkt.

Smart-Grid-Bezirk am Wasser

Mit seiner exzellenten IKT-Infrastruktur und -Kompetenz hat Finnland beste Chancen, international zum Smart-Grid-Vorreiter zu werden. Bereits heute ermöglicht die Fernerfassung des Stromverbrauchs bei sehr vielen Kunden die automatische Zählerablesung zu jeder Zeit. Das Weltwirtschaftsforum in Davos führt Finnland in seinem „Global Information Technology Report 2014“ sogar an erster Stelle von 148 untersuchten Ländern. Dieses Potenzial will das nordische Land mit umfangreichen Investitionen nutzen.

Explizit als Smart-Grid-Pilotgebiet ausgewiesen ist der neue Helsinkier Stadtteil Kalasatama, der auf den alten Docks am Rande des früheren Arbeiterviertels Kallio entsteht. Der gesamte Stadtteil hat zuletzt eine starke Aufwertung erfahren. Im neuen Gebiet mit innovativen IKT-Steuerungssystemen von der Energieerzeugung und -speicherung bis zum -verbrauch werden 2030 bis zu 28.000 Menschen leben und arbeiten.

Ein zentraler Bestandteil der Metropolentwicklung ist der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Planungen für U-, S- und Straßenbahnen summieren sich auf bis zu 3,7 Mrd. Euro. Darunter als größtes laufendes Projekt die Verlängerung der U-Bahn von Helsinkis Innenstadt bis ins westlich angrenzende Espoo. Entlang der bis 2020 geplanten Verlängerung bis nach Espoo-Kivenlahti mit fünf weiteren Stationen sollen Wohnungen für bis zu 70.000 Menschen entstehen. Konkrete Planungen gibt es zudem für einen neuen S-Bahn-Ring unter Helsinkis Innenstadt. Erhebliche Investitionen sind auch in das Straßenbahnnetz geplant, um die neuen Stadtteile von Beginn an gut anzuschließen.

Quelle/weitere Informationen:
GTAI/Torsten Pauly