Infrastruktur

Übung macht mobil

Rollator
Praxistest am Bonner Rollatortag: SWB-Mitarbeiterin Ortrud Wittig und eine Teilnehmerin üben den Umgang mit einem Rollator auf verschiedenen Untergründen. © Meike Böschemeyer, Stadtwerke Bonn

Bonner Rollator-Tag fördert Mobilität im Alter, hilft Unfälle vermeiden und die Freiheit zurückgewinnen

Schmale Gehwege, stark befahrene Straßen, Einstieg und Ausstieg aus Bus und Bahn und das richtige Verhalten in den Fahrzeugen sind für ältere Menschen nicht immer einfach. Aus subjektiver Unsicherheit heraus meiden viele Senioren daher öffentliche Verkehrsmittel. Auf dem Kaiserplatz in Bonn wurde deshalb ein Rollator-Sicherheitstraining durchgeführt, um älteren Mitbürgern ihre Ängste zu nehmen. Veranstalter sind mehrere Bonner Institutionen: Stadt, Polizeipräsidium und Stadtsportbund Bonn, Zukunftsnetz Mobilität NRW, Zentrum für Gesundheit Rahm, Kirchenpavillon, Verkehrsverbund Rhein-Sieg und die Stadtwerke Bonn (SWB Bus und Bahn).

Beim Bonner Rollatortag dem Kaiserplatz drehte sich alles um das Thema „Freiheit zurückgewinnen – Unfälle vermeiden“. Die Initiatoren präsentierten interessierten Fahrgästen einen kostenlosen Technik-Check für ihre Gehhilfen, praktische Übungen auf dem Rollator-Parcours und nach erfolgreicher Teilnahme den Rollator-Führerschein. Seniorinnen und Senioren übten, wie man mit einem Rollator richtig und gesund geht, bremst, Kurven fährt, Bordsteine und Schrägen überwindet und sich sicher hinsetzt und wieder aufsteht.

Die Bonner Altenhilfe bot im Rahmen der Veranstaltung Beratungen über die Angebote rund um das Älterwerden an, zu Fragen der Pflege oder zum Thema Wohnen im Alter. „Es gibt in Bonn derzeit rund 58.000 Menschen, die älter sind als 65 Jahre. Und Mobilität im Alter und bei körperlichen Einschränkungen ist ein Hauptanliegen der Altenhilfe, weil eine selbständige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglichst lange erhalten bleiben soll“, sagt Barbara Zarfelder vom Amt für Soziales und Wohnen der Stadt Bonn.

Mobilität und Sicherheit in Bus und Bahn

Vor allem das Rollatortraining zum sicheren Ein- und Ausstieg in einen Bus der Stadtwerke Bonn und das richtige Verhalten im Fahrzeug fand großen Zuspruch. Ortrud Wittig, SWB Bus und Bahn-Mitarbeiterin im Kundendialog, empfahl den Teilnehmern, nicht zu zögern, andere Fahrgäste um Hilfe zu bitten, zum Beispiel auch beim Ausstieg.

Genau hierin sieht Anja Wenmakers, Bereichsleiterin Vertrieb/Marketing SWB Bus und Bahn, eine wichtige Botschaft für alle ÖPNV-Nutzer. „Nicht nur die Betroffenen selbst sollen auf die besondere Situation von Rollatornutzern im ÖPNV hingewiesen werden, sondern alle Nahverkehrskunden.“ Der Bonner Rollatortag diene daher auch dazu, andere Kunden zu sensibilisieren und sie zu bitten, hilfsbedürftige Fahrgäste zu unterstützen. „Wenn alle Beteiligten wissen, welchen Herausforderungen sich ältere oder gehbehinderte Menschen in Bus und Bahn stellen müssen, dann fällt die gegenseitige Hilfe sehr viel leichter.“

Entscheidend sei, dass der mobilitätseingeschränkte Fahrgast sicher von der Haltestelle in das Fahrzeug gelangt, mit sicherem Halt einen Platz für die Gehhilfe und sich selbst findet und auch beim Ausstieg mit Selbstvertrauen andere Fahrgäste anspricht und diese um Hilfe bittet. „Jeder, auch ein Senior oder Mensch mit Handikap, ist in erster Linie für sich selbst verantwortlich“, betont Ortrud Wittig. „Im Rahmen des Rollatortages wollen wir Senioren in ihrer Mobilität und ihrem Selbstvertrauen stärken, sie fit machen für eine sichere Fahrt mit Bus und Bahn, denn Mobilität ist Lebensqualität und Lebensfreude.“

Stadtwerke unterstützen Senioren mit Rollator-Schulungen

Seit Jahren sind immer mehr Fahrgäste mit Rollatoren in den Bonner Bussen und Bahnen unterwegs. Daher startete vor über zehn Jahren, im Sommer 2005, ein Pilotprojekt von Mitarbeitern der Stadtwerke Bonn, unterstützt von der Polizei und der Behinderten-Gemeinschaft Bonn e.V. Ziel des Projektes war zu untersuchen, wie sich diese Gehhilfen – natürlich ohne Fahrgäste – in den Fahrzeugen beispielsweise bei Bremsproben bewegen. Daraus sollte abgeleitet werden, wie Fahrgäste ein Hilfsgerät sicher handhaben können. Denn die Erfahrung zeigt: Nicht jeder, der mit Rollator in Bahnen oder Busse einsteigt, ist fit mit dem Gerät.

SWB Bus und Bahn bietet seither Schulungen für Seniorinnen und Senioren an, die eine Gehhilfe benötigen und trotzdem mobil bleiben wollen. Das Bonner Verkehrsunternehmen rät, die ersten Fahrten sollten möglichst zu verkehrsärmeren Zeiten und unterstützt von einer Begleitpersonen durchgeführt werden. Stufen, wie Bordsteinkanten, oder auch der Einstieg in die Fahrzeuge werden am besten mit gekipptem Rollator bewältigt. Dazu stellt man sich in Schrittstellung hin, betätigt die Handbremsen und zieht den Rollator auf sich zu, bis er im Gleichgewicht auf den Hinterrädern ruht. Wenn nun die Handbremse gelöst wird, kann der Rollator in seiner stabilen Lage nach vorn geschoben und die Stufe überwunden werden.

Der Rollator darf während der Fahrt keinesfalls als Sitzfläche genutzt werden, sondern sollte zum Beispiel im Bus auf der Mehrzweckfläche im Mittelteil des Busses entgegen der Fahrtrichtung direkt hinter der Rückenlehne des letzten vorderen Doppelsitzes abgestellt werden – unbedingt mit angezogenen Feststellbremsen! Die Fahrgäste sollten sich anschließend einen freien Platz in der Nähe suchen und auch um Hilfe bitten, falls diese Sitzplätze besetzt sind.

Hintergrund NRW-Rollatortag

Organisiert wurde der Bonner Rollatortag von SWB Bus und Bahn mit Unterstützung durch die Institutionen Polizeipräsidium Bonn, Stadt Bonn, Stadtsportbund Bonn, Zukunftsnetz Mobilität NRW, Zentrum für Gesundheit Rahm, Kirchenpavillon, dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg. Der Bonner Rollatortag ist Teil des NRW-weiten Rollatortages unter der Schirmherrschaft von NRW-Verkehrsminister Michael Groschek.

Federführend hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) den Aktionstag in diesem Jahr erstmalig ins Leben gerufen, damit das Thema nicht nur in den Busschulen einiger engagierter kommunaler Verkehrsunternehmen aufgegriffen, sondern im ganzen Landesgebiet einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. Landesweit sind sich alle Verkehrsverantwortlichen bewusst, wie wichtig es ist, Fahrgästen die sichere Nutzung des ÖPNV nahe zu bringen. So gelang es, über das Zukunftsnetz Mobilität NRW und seine vier regionalen Koordinierungsstellen Verkehrsunternehmen aus allen Teilen des Landes für den Aktionstag zu begeistern.