Energie: Forschung

Energiesystem Stadt: Sektorenkopplung in urbanen Räumen

Energiesystem Stadt
Energiesystem Stadt: Sektorenkopplung in urbanen Räumen. © Fraunhofer IEE | fotolia

Effiziente und flexible Nutzung elektrischer Energie in Verbrauchssektoren wie Strom, Wärme, Kälte und Mobilität

Das Fraunhofer IEE in Kassel startet den neuen Forschungsschwerpunkt „Energiesystem Stadt“. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst fördert den Aufbau des neuen Kompetenzfeldes in den nächsten drei Jahren mit insgesamt sechs Mio. Euro. Damit erschließt das auf Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik spezialisierte Fraunhofer-Institut in Kassel einen weiteren wichtigen Baustein für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Energiewende in Hessen und Deutschland und möchte sich zu einem zentralen Ansprechpartner in diesem Feld entwickeln.

„Volatile erneuerbare Energien werden systembestimmend und ihr weiterer Ausbau erfordert ein zunehmend flexibel agierendes Gesamtsystem. Dies bedingt eine sektor-übergreifende Integration, also die effiziente und flexible Nutzung von elektrischer Energie in Verbrauchssektoren wie Strom, Wärme, Kälte und Mobilität sowie die effiziente Betriebsführung der Systeme und deren Interaktion.“, erklärt der stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer IEE Prof. Dr. Kurt Rohrig. „Die Transformation der gesamten Energieversorgung hin zu einer dekarbonisierten Energiebereitstellung ist die zentrale Aufgabe der Industrienationen im 21. Jahrhundert und wird den Industriestandort Deutschland nachhaltig verändern und – bei Gelingen – als der zu beschreitende Weg zu einer modernen, dem technischen Fortschritt angemessenen Energieversorgung anerkannt sein“. Die große Herausforderung für diese Phase der Energiewende ist die systemische Integration der erneuerbaren Energien in der gesamten Breite. Volatile erneuerbare Energien werden systembestimmend und ihr weiterer Ausbau erfordert ein zunehmend flexibel agierendes Gesamtsystem. Flexibilisierung ist eine zentrale Anforderung für alle Bereiche der Energieversorgung/-nutzung und bedingt eine sektor-übergreifendes Management, also die flexible Nutzung von allen Energieformen.

„Städte spielen bei der Sektorenkopplung und der notwendigen Flexibilisierung eine entscheidende Rolle, da hier ausgebaute und weit verzweigte Infrastrukturen für Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr sowie hohe eine Energienachfrage vorhanden sind“, erläutert Dr. Dietrich Schmidt, der den neuen Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer IEE maßgeblich aufbauen wird. Er war mit seinem Forscherteam für kombinierte Strom- und Wärmesysteme in 2017 in das Fraunhofer IEE integriert worden, um die Kompetenzen stärker zu bündeln. „Wir wollen zum einen die wissenschaftliche Expertise ausbauen und zum anderen in enger Kooperation mit der Wirtschaft Lösungen für Innovationen in Unternehmen entwickeln und der zentrale Ansprechpartner für Fragen zur Umsetzung der lokalen Energiewende in urbanen Räumen in Hessen werden“, formuliert Schmidt das Ziel.

Knapp 40 % des Endenergieverbrauchs und damit mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland entfallen im Wesentlichen auf die Raumheizung. Damit ist die Steigerung der Energieeffizienz gerade im Gebäudebereich ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende im Wärmesektor. Hier fällt insbesondere der Transformation der Wärmeversorgung im Gebäudebestand eine zentrale Rolle zu. Um hier eine weitgehende Verschmelzung von Strom, Wärme, Kälte und Mobilität zu erreichen sind Konzepte für den Einsatz von Wärmepumpen und lokale Wärmenetze, umfassende, GIS-basierte Werkzeuge für Entwurf und Planung neuer Wärme- und Verkehrskonzepte, neue und verbesserte Komponenten zur Strom-Wärme-Kopplung, sektor-übergreifende Betriebsführungsstrategien und Wirtschaftlichkeitsanalysen sowie Geschäftsmodelle erforderlich.

Der Forschungsschwerpunkt „Energiesystem Stadt“ umfasst sechs Forschungsthemen, die stark interagieren:

  • Entwicklung von Konzepten für regionale/lokale Umsetzung der Energiewende
  • (Weiter-)Entwicklung von nötigen Kopplungstechnologien in der Sektorenkopplung
  • Erarbeitung von Planungswerkzeugen zur Unterstützung der Akteure bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort
  • Entwicklung von Energiemanagementsystemen zur Sicherstellung eines optimierten Betriebs der Anlagen für Energieerzeugung und -nutzung
  • Umsetzung der Digitalisierung und Unterstützung bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen
  • Konzeption, Aufbau und Betrieb einer Versuchs- und Experimentiereinrichtung für die innovative (leitungsgebundene) Wärmeversorgung

Im Rahmen des Vorhabens Energiesystem Stadt werden mit der zu erstellenden Laborinfrastruktur DISTRICT-LAB die im urbanen Kontext wesentlichen Fragestellungen zu den genannten Aspekten untersucht sowie die aus der Entwicklung entstandenen Produkte und Verfahren validiert und demonstriert. Im Fokus stehen der Entwurf, der Aufbau und der Betrieb von regionalen Energiesystemen sowie die Analyse der dynamischen Effekte durch fluktuierende Einspeisung erneuerbarer Energien und deren Rückwirkungen auf Teilsysteme und das Gesamtsystem.

Mit dieser Initiative will das Fraunhofer IEE der zentrale Ansprechpartner für Fragen zur Umsetzung der lokalen Energiewende in urbanen Räumen in Hessen und Deutschland werden.


Transforming Cities 2|2018