Editorial

Städtische Infrastrukturen

Städtische Infrastrukturen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Solange alles rund läuft, ist Infrastruktur kein Thema. Das Wasser kommt aus dem Hahn. Einmal knipsen – und das Licht geht an. Lange Zeit schien es, als reiche es aus, eine Spitzenlast zu bestimmen und danach Leitungen und Netze nur entsprechend großzügig zu dimensionieren.

Doch zunehmend wird deutlich, dass die Versorgung von Städten und Gemeinden kein fertig gepacktes Rundumsorglospaket ist. Infrastrukturen zeigen Kapazitätsgrenzen
– wenn etwa Straßen den wachsenden Verkehr nicht mehr aufnehmen können, sintflutartige Regenfälle die Kanalisation überfluten oder die Mobilfunkverbindung in Gegenden schwacher Netzabdeckung mitten im Satz abreißt.

Alles einfach größer und breiter zu machen, ist keine Lösung. Das zeigte schon die Idee der autogerechten Stadt aus den 1950er Jahren. Nur die eine Möglichkeit zu betrachten, heißt, die anderen zu vernachlässigen, die Auswirkungen auf andere Systeme, auf Mensch und Umwelt auszuklammern. Ganz abgesehen von den unübersehbaren Kosten lässt der über Jahrzehnte gewachsene Bestand – ein Geflecht von Supra- und Infrastrukturen – aufgrund der konkurrierenden Flächennutzungen zudem keine wirklich rigorosen Veränderungen zu.

Klar ist, dass nicht alles beim Alten bleiben kann. Der Zwang zu handeln wird durch die Auswirkungen des Klimawandels, durch Demografie und Migration, durch schwindende Ressourcen und politische Krisen verschärft. Wie aber könnte die richtige Lösung aussehen? Wer kann heute schon exakt vorhersagen, wie die Städte der Zukunft wirklich funktionieren werden, wie demnach städtische Infrastrukturen in 30 Jahren beschaffen sein müssen? So hätte sich doch in den 1980er Jahren kaum jemand vorstellen können, dass die Digitalisierung innerhalb weniger Jahre das gesamte Lebensumfeld umkrempeln würde.

Alles, was wir heute planen und bauen, wird unsere Städte und Gemeinden für Jahrzehnte prägen. Deshalb ist es umso wichtiger, flexible Strukturen zu schaffen, die sich möglichst leicht an sich verändernde Anforderungen anpassen lassen – Stichwort „Resilienz“. Aufgabe wird sein, technische, aber auch gesellschaftliche Systeme so auszurichten, dass sie selbst bei Störungen oder Ausfällen wieder in Balance kommen können. Und das erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit ganz verschiedener Fachgruppen: Wissenschaftler, Ingenieure und Verantwortliche in Politik und Verwaltung.

In Ausgabe 4|2016 von „Transforming Cities“ beschäftigen sich Experten mit verschiedenen Ansätzen, städtische Infrastrukturen zukunftssicher und so zugleich unsere
Städte lebenswert zu machen. Sie zeigen damit auch, wie facettenreich und spannend das Thema ist. Aber lesen Sie einfach selbst.

Ihre
Christine Ziegler
Redaktionsleitung