Editorial

Urbane Räume und Flächen

Urbane Räume und Flächen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Stadtraum setzt sich aus vielen verschiedenen Elementen zusammen: aus Baukörpern und dazwischen liegenden Funktionsflächen, aus öffentlichen und privaten Bereichen, aus halb öffentlichen Zonen wie etwa Lokalen oder Läden, die nur zu bestimmten Zeiten geöffnet oder zugänglich sind. Aus genutzten und ungenutzten Arealen: Unter stark frequentierten Verkehrsbauwerken gibt es tote Winkel, Restflächen zwischen den Fahrbahnen. Im einen Viertel liegen gepflegte Grünanlagen, im anderen Industriebrachen im Niemandsland aufgegebener Nutzungen. In welchen dieser definierten, gewachsenen oder irgendwie entstandenen Räumen spielt sich eigentlich das urbane Leben ab und wie viel Raum in welcher Qualität brauchen Stadtgesellschaften, um gut funktionieren zu können?

Je mehr Menschen in Städten leben und arbeiten, desto härter wird die Konkurrenz um die Räume zwischen dem umbauten Raum. Nachverdichtung und Umwidmung schließen die letzten urbanen Freiräume. Grünflächen verschwinden, wo Grund und Boden durch Spekulation zum Luxusgut wird.

Das wachsende Mobilitätsbedürfnis erhöht den Druck auf den Straßenraum. Auf bestehenden Verkehrsflächen ist ein komfortables Nebeneinander von fließendem und ruhendem Auto-Verkehr, von Bussen und Bahnen, Radfahrern und Fußgängern kaum noch möglich. Ausgesprochene Fußgängerzonen sind dennoch nur selten Oasen für Flaneure. Hauptzweck der Einkaufsarkaden und Shoppingmalls, die sich in Zweckoptik und Warenangebot fast überall gleichen, ist nicht die Muße, sondern der Kommerz.

Gibt es in den Städten der Gegenwart also schlechthin noch Raum für urbanes Lebensgefühl, Orte, um einfach zu leben und leben zu lassen?

Es gibt sie. Tatsächlich erobern sich die Städter ihre Flächen zurück, Stück für Stück, oft mit unkonventionellen Ansätzen, etwa als Arena für Sport und Spiel. Parkour-Läufer interpretieren Stadtlandschaften kreativ neu durch Bewegungsabläufe außerhalb vorgegebener Wege. Schulkinder und ihre Lehrer entdecken die Stadt als Sport- und Bewegungsfläche im Freien, abseits miefiger Turnhallen. Statt fertig möblierter Spielplätze bieten einige Städte bereits Naturerfahrungsräume, um dem Nachwuchs auch in Ballungszentren direkten Kontakt zur Natur zu ermöglichen.

Durchgrünung von Städten ist selbst auf wenig Platz möglich. Flächen an Fassaden und auf Dächern lassen sich mit Kreativität und Knowhow in Grünzonen verwandeln. So verbessern sie das Stadtklima – oder dienen als urbane landwirtschaftliche Flächen, wie etwa der Obst- und Gemüsegarten auf dem Dach einer Kochschule mitten in Paris.

Beiträge über dieses und andere wegweisende Projekte finden Sie in der Ausgabe 3|2018 von „Transforming Cities“.

Ihre
Christine Ziegler
Redaktionsleitung