Infrastruktur: Projekte

Generationenprojekt Abwasserkanal Emscher

Abwasserkanal Emscher
Gewaltige Schachtbauwerke zur Betriebsführung des neuen Abwasserkanals Emscher. © Dorsch International

Emscher-Genossenschaft investiert rund 5 Milliarden Euro in Renaturierungsprojekt für eines der modernsten Abwassersysteme der Welt.

Das Megaprojekt Abwasserkanal Emscher (AKE) ist derzeit das größte wasserwirtschaftliche Bauvorhaben Europas. Der AKE nimmt zukünftig die Abwässer von mehr als drei Millionen Einwohnern auf sowie Abwasser von Gewerbe und Industrie. Die Emschergenossenschaft investiert im Rahmen des Gesamtprojekts Emscher-Umbau rund 5 Milliarden Euro. Für den größten Abschnitt des Abwasserkanals von Dortmund bis Bottrop beauftragte die Emschergenossenschaft 2006 die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Emscherkanal, bestehend aus folgenden Planungsunternehmen: Dorsch International, Sweco, Pöyry und Stein & Partner. Die ARGE ist für die Planung und die Bauüberwachung verantwortlich; dieser Bauabschnitt des AKE wird im Herbst 2017 abgeschlossen sein.

Ein ungewöhnlicher Fluss

Die Emscher ist ein Nebenfluss des Rheins und fließt auf einer Länge von etwa 85 Kilometern durch eines, der am dichtesten besiedelten Gebiete Europas – dem Ruhrgebiet; ihr Gefälle und ihre Niedrigwasserführung sind besonders gering. Sie wird seit dem Beginn der Industrialisierung zur Ableitung von Gruben- und Abwasser genutzt. Das ökologische Sterben der Emscher und ihrer Nebenflüsse begann mit dem rasanten Bevölkerungswachstum im neunzehnten Jahrhundert. Nicht nur immer mehr Abwasser der Bevölkerung wurde in die Emscher geleitet, sondern auch das Grubenwasser der Bergwerke. Wegen der durch den Bergbau verursachten Erdsenkungen waren unterirdische Kanäle über längere Strecken früher nicht denkbar, da sie bei Bergsenkungen beschädigt worden wären. Daher wurde der Fluss als offener Schmutzwasserlauf verwendet. Das wirkte sich dramatisch auf das System der Emscher und der Zuflüsse aus, vor allem weil das Wasser – aufgrund der Senkungen – teilweise still stand und so eine geordnete Vorflut nicht mehr gegeben war. Die Folge waren Überschwemmungen in den Städten, gefolgt von Krankheiten wie Malaria und Typhus. Das war der Grund, warum Deutschlands erster Wasserwirtschaftsverband – die Emschergenossenschaft – im Jahre 1899 ins Leben gerufen wurde. Sie kümmert sich vor allem um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie den Hochwasserschutz und seit 1992 um den Umbau des Emscher-Systems. Dies ist nach dem Rückgang des unterirdischen Steinkohlebergbaus und dem Abklingen der Bergsenkungen nunmehr möglich. Jedes Gewässer erhält ein unterirdisches Pendant in Form eines Abwasserkanals, durch das die Abwässer zu den Kläranlagen abgeleitet werden.

16.000 Liter pro Sekunde – in bis zu 40 Metern Tiefe

Der neue AKE, als Hauptsammler, läuft etwa 50 Kilometer von Dortmund bis zum Klärwerk kurz vor der Emscher-Mündung in den Rhein bei Dinslaken. Von 2018 an wird er – im Einzugsgebiet von über 3 Millionen Menschen – die täglichen Abwasserfluten sammeln und abtransportieren und zwar bis zu 16.000 Liter pro Sekunde. Um diese großen Wassermengen aus dem tiefliegenden Kanal den Kläranlagen zuzuleiten, sind drei gigantische Pumpwerke in Gelsenkirchen, Bottrop und Oberhausen nötig.

Für den Bau des Abwasserkanals Emscher, ebenso wie für die spätere Betriebsführung ist es erforderlich, Schachtbauwerke zu errichten. Sie bilden z. T. die Übergabepunkte für die Kanäle aus den Nebenlaufgebieten. Ein Schachtbauwerk ist auch ein riesiger Einstiegsschacht, welcher zur Überprüfung des Systems nutzt. In der ersten Phase dienen die Schächte zunächst dem Bau des Kanals als Start- oder Zielbaugrube für die Vortriebsarbeiten; später, nach der Fertigstellung sind sie erforderlich zur Übernahme der Abwässer aus den Einzugsgebieten, der technischen Belüftung des Kanals und zum Einsatz der Inspektionstechnik. Die großen Schächte weisen einen Durchmesser von ca. 7,0 bis 22,0 Meter auf, die Tiefe der Schächte liegt zwischen ca. 10 bis 40 Meter.

Roboter machen die erforderlichen Inspektionen

Da der Abwasserkanal später ständig mit Schmutzwasser gefüllt sein wird, ist er nicht begehbar und die im späteren Betrieb erforderliche Inspektion erfolgt dann mit einem Roboter über die Schachtbauwerke. Der Abwasserkanal erhält über 100 Schachtbauwerke, von denen etwa 60 auf der Hauptachse des Kanals liegen. Die Bauwerke sind so konzipiert, dass zunächst eine kreisrunde, aus überschnittenen Bohrpfählen oder Schlitzwänden zu errichtende Baugrube entsteht. Aus diesen Baugruben heraus wird der jeweilige Rohrvortrieb aufgefahren, das heißt eine Methode zum grabenlosen Verlegen von Stahlbetonrohren wird hier angewendet. Der Baugrubenverbau verhindert Einsturz, nachrutschendes Erdreich, eindringendes Wasser oder Erosion und schützt so Arbeitsraum, Geräte und Menschen vor Gefahren. Er erhält nach Abschluss der Arbeiten eine Innenschale aus Konstruktionsbeton sowie einen Stahlbetondeckel.

Die Tätigkeitsschwerpunkte innerhalb der ARGE wurden wie folgt festgelegt:

  • Dorsch International: Projekt- und Bauoberleitung, Tragwerksplanung Schächte, Baulogistik
  • Sweco: Planung – Kanalstrecke und Elektrotechnik, örtliche Bauüberwachung, Nachtragsmanagement
  • Pöyry Deutschland GmbH: Planung – Schachtbauwerke und Maschinentechnik, örtl. Bauüberwachung
  • Stein & Partner GmbH: Fachberatung für Rohrvortriebsarbeiten, Begleitung mit CoJack (statische Online-Überwachung von Rohrvortrieben), örtl. Bauüberwachung

„Bei der Entstehung eines der modernsten Abwassersysteme der Welt live dabei sein zu können, war für uns als Team beeindruckend und eine planerische Herausforderung“, so Jürgen Flicke, Bauoberleitung, Bereich Wasser & Umwelt bei Dorsch.

Weitere Informationen:
www.dorsch.de