Ressourcen: Forschung

Ausgediente Gebäude und Infrastrukturen liefern Rohstoffe

Gebäude abbrechen
In Gebäuden stecken viele Rohstoffe, die nach dem Abriss wiederverwendet werden können. © pixabay

Studie zeigt, wie durch Wiederverwendung von Materialien Ressourcen und Umwelt in großem Stil geschont werden können

Viele natürliche Rohstoffe sind nicht nur endlich, ihr Abbau verursacht zudem erhebliche Umweltschäden. Eine bessere Kreislaufwirtschaft in großem Stil könnte helfen, Ressourcen und Umwelt zu schonen. Gemeint ist damit, Stoffe aus ausgedienten Häusern, Straßen, Produktions- oder Konsumgütern wiederzuverwenden. Wie viele dieser Sekundärrohstoffe es in Deutschland gibt, hat das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) gemeinsam mit Partnern für das Umweltbundesamt (UBA) untersucht.

Die Idee ist nicht neu: Vor allem in Zeiten des Mangels war es selbstverständlich, Abfallprodukte, ausgediente Gegenstände und Materialien für neue Zwecke zu verwenden. Um natürliche Ressourcen zu schonen, gewinnt diese Idee auch in Deutschland wieder an Bedeutung. Denn obwohl die Bundesrepublik häufig als arm an Rohstoffen bezeichnet wird, kann sie doch ein enormes Vermögen vorweisen: Bauwerke, Infrastrukturen wie Straßen, Abwasser- und Stromleitungen sowie Konsum- und Produktionsgüter. Dieses „anthropogene Lager“ wächst stetig – und damit auch die Masse an Stoffen, die durch eine intelligente Kreislaufführung wiederverwertet werden könnte.

Wie groß dieses Materiallager der Deutschen ist und wie es sich über die Zeit verändert, war bisher nicht bekannt. Hier setzt die Studie für das Umweltbundesamt an. Gemeinsam mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und der Firma INTECUS aus Dresden hat das IÖR untersucht, welche Materialien in Gebäuden, technischer Infrastruktur und sogenannten langlebigen Gütern, also Produktionsmaschinen, Autos oder großen Haushaltsgeräten, stecken.

Materiallager wächst: 10 Tonnen pro Kopf jährlich

Das Ergebnis ist beeindruckend: Allein in den vergangenen fünf Jahrzehnten wuchs das Materiallager Deutschland auf 42 Milliarden Tonnen an. Im Mittel entspricht dies einem Zuwachs von rund 10 Tonnen pro Einwohner und Jahr. Den größten Teil machen dabei mineralische Baustoffe wie Sand und Kies aus. Außerdem finden sich Materialien wie Holz, Metall, Kunststoffe oder Glas im anthropogenen Lager. Auch die Stoffströme innerhalb des Lagers haben die Wissenschaftler untersucht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass schon heute rund 15 Prozent der Rohstoffe, die für die Herstellung langlebiger Güter benötigt werden, aus dem anthropogenen Materiallager stammen, also Stoffe sind, die in einem Kreislauf wiederverwertet werden.

Um Fehlerquellen auszuschließen und zu einem möglichst präzisen Ergebnis zu gelangen, haben die Wissenschaftler bei ihren Berechnungen verschiedene Datenquellen und Kennzahlen herangezogen, analysiert und in einem mehrschichtigen Modell miteinander verknüpft. Außerdem haben sie ein Konzept entwickelt, das dazu dienen kann, ein langfristiges Monitoring des anthropogenen Lagers aufzubauen. Per Fortschreibung der Ergebnisse könnte so die Entwicklung des Materialbestandes im Auge behalten werden – eine wichtige Voraussetzung, um die Wiederverwendung von bereits genutzten Rohstoffen künftig systematisch betreiben zu können. „Damit schonen wir nicht nur unsere natürlichen Ressourcen“, betont Projektleiter Dr.-Ing. Georg Schiller vom IÖR. „Dieses sogenannte ‚Urban Mining‘ kann auch noch einen positiven Nebeneffekt für Deutschland haben: Wir machen uns damit ein Stück weit unabhängiger von Rohstoffimporten, denn bis auf wenige Ausnahmen wie Steine und verschiedene Erden ist Deutschland bisher auf Rohstoffimporte angewiesen.“

Die nächsten Schritte in diese Richtung werden bereits unternommen. Auf Basis der Projektergebnisse entstehen aktuell eine Datenbank und ein dynamisches, fortschreibbares Bestandsmodell. Das Modell soll Prognosen über die künftige Entwicklung von Sekundärrohstoffen aus langlebigen Gütern ermöglichen und damit der Planung von Urban Mining-Aktivitäten dienen. Auch an diesem Forschungsvorhaben ist das IÖR beteiligt.

Weitere Informationen:
www.ioer.de