Energie

Unterschiedliche Auffassungen zur Energiepolitik

Kraftwerk
Die Einstellung der Deutschen zu den verschiedenen Formen der Energieversorgung unterscheidet sich regional sehr deutlich.

Befragung zeigt: Quer durch Deutschland variieren die Meinungen zur Energieversorgung deutlich

Beim Bau neuer Stromtrassen und Kohlekraftwerke oder bei der Nutzung von Energiequellen zur Stromerzeugung – in Deutschland gibt es große regionale Unterschiede, wenn es um die Bewertung von energiepolitischen Maßnahmen und Energiequellen geht. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des RWI. Sie basiert auf einer deutschlandweiten Befragung zum Thema Energieversorgung. Um regelmäßig Informationen über die Einstellung der Deutschen zur Energie- und Klimapolitik zu erhalten, schlagen die Wissenschaftler eine institutionalisierte, regelmäßige Befragung eines festen Panels von Haushalten vor.

Innerhalb Deutschlands gibt es große regionale Unterschiede bei der Einstellung zu energiepolitischen Maßnahmen und Energiequellen. Wie die Ergebnisse einer Befragung aus dem Jahr 2013 zeigen, wird beispielsweise der Bau neuer Stromtrassen unterschiedlich stark befürwortet. Während dieser Maßnahme durchschnittlich 62,2% der bundesweit Befragten zustimmten, reichte die Spannweite von 46,5% in Thüringen bis zu 68,4% in Rheinland-Pfalz. Bei den Befragten im mittlerweile eher kritisch gegenüber den Stromtrassen eingestellten Bayern lag die Zustimmung im Jahr 2013 mit 63,7% knapp über dem Bundesdurchschnitt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Auswertung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI).

Ähnlich groß ist die Spannweite bezüglich des Baus neuer Kohlekraftwerke. Dieser wurde im Bundesdurchschnitt von 62,4% der Befragten abgelehnt. Besonders hoch war die Ablehnung mit 70% in Rheinland-Pfalz, am niedrigsten mit 45,6% in Sachsen. Auch die Befragten in Nordrhein-Westfalen (NRW) (56,8%) und den neuen Bundesländern waren dem Bau neuer Kohlekraftwerke weniger abgeneigt. Ein ähnliches Bild zeigte sich hinsichtlich der Bewertung von Kohle als Energiequelle. Auch hier zeigten NRW und die neuen Bundesländer eine weniger kritische Haltung. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Kohlekraftwerke in NRW, Sachsen und anderen ostdeutschen Bundesländern eine relativ große Bedeutung für die Stromerzeugung haben und die ostdeutschen Braunkohlereviere zudem wichtige Arbeitgeber in der Region sind. „Je mehr die Menschen mit einer Technologie vertraut sind, desto besser ist ihr Ruf“, schlussfolgert Prof. Dr. Manuel Frondel, Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ des RWI.

Windkraft und Photovoltaik sind vor allem im Norden beliebt

Teil der Befragung war auch die Einstellung zu Windkraft und Photovoltaik. Die Zustimmung zur Windkraft war unter den Befragten in Hamburg (91,5%), Niedersachsen (91,4%), Schleswig-Holstein (91,2%) und Bremen (90,7%) am höchsten, Schlusslicht war mit 73,6% Sachsen. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Photovoltaik, auch diese war in Schleswig-Holstein (90,1%), Hamburg (89%) und Bremen (88,9%) am beliebtesten, mit 78% in Thüringen am unbeliebtesten.

Ausgewertet wurden auch der Einfluss von soziodemografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Bildung auf die Einstellungen zur Energieversorgung. Es zeigten sich auch hier signifikante Unterschiede. So nimmt die Sympathie für Windkraft und Photovoltaik offenbar mit zunehmendem Alter ab, ebenso die Abneigung gegenüber der Kohle. Frauen standen Windkraft und Photovoltaik signifikant positiver gegenüber als Männer, ihre Zustimmung zur Kohle war hingegen geringer.

Einstellungen der Bürger durch institutionalisierte Befragung ermitteln

Für die Analyse wurden Daten einer deutschlandweiten Haushaltsbefragung zum Thema Energieversorgung aus dem Jahr 2013 verwendet, die im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts erhoben worden waren. Befragt wurden die Haushaltsvorstände des forsa-Panels, zu dem mehr als 10.000 repräsentativ ausgewählte Haushalte in Deutschland gehören. Mehr als 6.500 Haushalte beantworteten den Fragebogen. Aufgrund eines überdurchschnittlichen Anteils höher gebildeter und älterer Befragungsteilnehmer sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, sondern vermutlich beispielsweise in Bezug auf die Ablehnung des Energieträgers Kohle überzeichnet.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass es deutschlandweit sowohl erhebliche regionale als auch soziodemografische Unterschiede in den energiepolitischen Bewertungen gibt. Da es hierzu bisher aber kaum verlässliche Daten gibt, schlägt Manuel Frondel vor, eine institutionalisierte, regelmäßige Befragung eines festen Panels von Haushalten zu ihren Einstellungen zur Energie- und Klimapolitik zu schaffen. Diese sollte aus öffentlichen Mitteln finanziert und unter Beachtung anerkannter wissenschaftlicher Standards umgesetzt werden. „Mit einem festen Kanon an ausgewählten Fragen zur nationalen Energie- und Klimapolitik, die regelmäßig in unveränderter Form gestellt werden, ließen sich Veränderungen in den Einstellungen der Bürger ermitteln. Die Politik bekäme so wichtige Informationen für ihr energie- und umweltpolitisches Handeln“, so Frondel.

Das Diskussionspapier: „Wie unbeliebt ist Kohle und wie beliebt sind die Erneuerbaren? Eine empirische Regionalanalyse der energiepolitischen Präferenzen deutscher Haushalte.“ ist als pdf-Datei erhältlich.

Weitere Informationen:
www.rwi-essen.de