Wer aktuell in Deutschland Energiethemen diskutiert, verliert sich schnell in Details zu Trassenbau, Strompreisen und Klimabeitrag. Dabei gerät aus dem Blick, dass die weltweite Energiewende enorm an Fahrt aufgenommen hat. Denn in aller Welt werden in steigendem Tempo erneuerbare Energien ausgebaut und zunehmend fossile und nukleare Kraftwerke abgeschaltet. Im Jahr 2013 wurde rund um den Globus erstmals mehr erneuerbare als fossil-nukleare Kraftwerksleistung installiert. Und 2014 floss mehr als doppelt so viel Geld in erneuerbare wie in fossile Anlagen. Seit der Jahrtausendwende hat sich die weltweit installierte Leistung der Photovoltaik verfünfzigfacht. Die Windenergie nahm im gleichen Zeitraum um den Faktor acht zu.
Die Folge: Im vergangenen Jahr stieg der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase im Energiesektor erstmals seit 40 Jahren nicht an – und das trotz steigender Wirtschaftskraft und weiterhin wachsendem Energieverbrauch.
Digitalisierung und Dezentralisierung werden das globale Energiesystem der Zukunft kennzeichnen
Viele Millionen kleinerer und größerer Anlagen sind die Stromproduzenten der Zukunft. Auch die Energiearmut kann mit immer kostengünstigeren und dezentralen Ökostrom-Technologien verringert werden. Angesichts der Energiewende-Dynamik in Ländern wie China oder den USA gefährde Deutschland seine langjährige Vorreiter-Rolle beim Aufbau eines neuen Energiesystems, steht im Report.
Treiber des globalen Wandels sind gewaltige Technologiesprünge und rasant fallende Preise. Beispiel Solarstrom: Der Preis für eine Kilowattstunde Sonnenenergie fiel in wenigen Jahrzehnten von einem Euro auf bis zu fünf Cent in sonnenreichen Staaten. In Zukunft könnte er auf zwei Cent sinken, prognostiziert das Fraunhofer Institut. In Erwartung strengerer Klimavorgaben der Weltgemeinschaft ziehen immer mehr Investoren ihr Geld aus fossilen und atomaren Engagements ab. Jüngstes Beispiel ist der Abschied des weltgrößten staatlichen Pensionsfonds in Norwegen von Kohle-Investitionen.
„Tempo und Ausmaß des Wandels sind überraschend und ermutigend. Die richtigen politischen Rahmenbedingungen waren für diese Entwicklung die Voraussetzung. Die Menschen wollen die Energiewende. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Wir brauchen eine anspruchsvolle Klimapolitik und eine starke politische Flankierung der Energiewende, um die gezeigten Trends zu verstärken und zu beschleunigen“, so Eberhard Brandes, Vorsitzender der Geschäftsführung des WWF.
„Wir befinden uns inmitten einer industriellen Revolution, die die Energiewirtschaft global auf den Kopf stellt. Ökostrom ist kein Luxusgut mehr, sondern wettbewerbsfähig für alle Menschen verfügbar. Nicht Konzerne, sondern Verbraucher gestalten die neue Energiewelt“, sagt Heiko von Tschischwitz, Gründer und CEO von LichtBlick. „Dank moderner IT können wir auf der Basis von vielen Millionen dezentralen Kraftwerken und Speichern ein deutlich kostengünstigeres und zuverlässigeres Energiesystem aufbauen als bislang auf der Basis von Kohle, Öl, Erdgas und Uran.“
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