Energie

Spiel-Raum für neue Energien

Rollen-Spiel im Deutschen Museum
Die Besucher begegnen auf dem „politischen Parkett“ den Akteuren der Energiewende und müssen Entscheidungen in einem Rollenspiel treffen. © Deutsches Museum

Es geht um die Energieversorgung der Zukunft: Wie lassen sich Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit unter einen Hut bringen?

Die neue Sonderausstellung „energie.wenden“ liefert Orientierungswissen und macht spielerisch die Knackpunkte auf dem Weg zur nachhaltigen Energieversorgung erfahrbar – mit Exponaten, Demonstrationen, Mitmach- und Medienstationen rund um ein interaktives Rollenspiel im Zentrum. Die große Sonderausstellung ist ab 15. Februar im Deutschen Museum in München zu erleben.

Schon der Titel der neuen Sonderausstellung des Deutschen Museums ist eine Aufforderung: „energie.wenden“ heißt sie – und lässt ein hochpolitisches, kontroverses und komplexes Thema lebendig und anschaulich werden. Die Ausstellung ist ab 15. Februar 2017 auf der Museumsinsel zu sehen – und zu erleben. Der Ansatz ist für das Deutsche Museum etwas völlig Neues: Im Zentrum der Ausstellung steht ein multimediales Rollenspiel, bei dem die Besucher selbst die Entscheidungen zur Energiewende treffen.

Warum gerade dieses Thema? Generaldirektor Wolfgang M. Heckl erklärt, warum diese Ausstellung perfekt zum Deutschen Museum der Zukunft passt: „Die Energiewende ist eines der großen globalen Themen für das 21. Jahrhundert. Es stellt Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Technik gleichermaßen vor große Herausforderungen. Wir möchten mit der Ausstellung dazu beitragen, dieses Projekt voranzutreiben – und die Herausforderung zu bewältigen.“

Sabine Gerber, Leiterin der naturwissenschaftlichen Ausstellungen beim Deutschen Museum, ist stolz auf die Ausstellung – und auf das Rollenspiel: „Das eine Art Übungsraum für die Gesellschaft, eine Welt im Kleinen.“ Denn das Herzstück der Ausstellung ist ein Spiel, das die Besucher auf das „politische Parkett“ und in den zentralen Raum der Ausstellung führt. Dort begegnen ihnen auf großen Bildschirmen von Schauspielern dargestellte Akteure der Energiewende. Von einer Atomkraft-Lobbyistin bis zu einer Frau, die Wasserkraftwerke baut, von einem Bauern bis zu einem Techniker für das Stromnetz ist alles dabei. Und alle haben gute Argumente für ihre Sache. Es sind zwar Lobbyisten, aber sie wissen, wovon sie sprechen. Alle Akteure haben Forderungen an die Besucher – wie „Baut die Stromnetze aus!“ oder „Mehr Elektroautos!“ Die Besucher müssen in diesem Geflecht von Forderungen und Argumenten entscheiden, was für eine Energiewende sie wollen – und übernehmen praktisch die Rolle eines Politikers.

Welcher Energiewende-Typ bin ich?

Für die Auswertungen dieser von den Besuchern gefällten Entscheidungen haben sich die Ausstellungsmacher einen liebenswert analogen Weg ausgedacht. Die Besucher bekommen am Anfang eine Karte in die Hand. Ihre Entscheidungen stanzen sie selbst in diese Karte. Und am Ende schiebt man die entstandene Lochkarte in ein Lesegerät, das einem verrät, was für ein „Energiewende-Typ“ man ist. „Das macht richtig viel Spaß, erweitert aber gleichzeitig das Wissen um die Energiewende erheblich“, sagt Sarah Kellberg, Leiterin des Sonderausstellungsteams. Und Sabine Gerber ergänzt: „Die Ausstellung ist alles andere als trivial, denn das Thema ist es auch nicht. Auch deshalb haben wir uns einen spielerischen Zugang zu dem Thema ausgedacht.“ Auf dem Weg durch das „Spiel“ werden die Besucher immer wieder eingeladen, in die Themenfelder abzubiegen. Rechts und links des gelben Spielparcours befinden sich insgesamt neun Ausstellungsbereiche zu Themen wie Solar-, Wasser- und Windenergie, aber auch zu Mobilität oder zur Atomenergie.

Die Liste der beeindruckenden Exponate ist lang: Das erste davon sehen die Besucher schon im Museumsinnenhof. Eine große Blume mit Blütenblättern aus Solarzellen. Sie sammelt Sonnenenergie, dreht sich immer der Sonne zu und klappt abends ihre „Blütenblätter“ ein. Und sie ist mehr als ein Gag: Sie liefert im Jahr rund 4000 Kilowattstunden Strom – in etwa der Jahresverbrauch eines europäischen Durchschnittshaushalts.

In der Ausstellung selbst steht ein Tesla Roadster, der es als erstes Serien-Elektroauto 2012 einmal um die Welt geschafft hat. In 127 Tagen. Oder ein „Brandloch“ in einem Stück Metall, das sehr eindringlich die Kraft der Sonne dokumentiert – es wurde in einem Solarkraftwerk erzeugt. „Das Thema Energiewende hat ganz viele Facetten“, erzählt Sarah Kellberg. Es geht um Themen wie „Smart Home“, Emissionshandel, Speichermedien und Radioaktivität. Und es geht eben nicht nur um die deutsche Energiewende, sondern um die Auswirkungen auf der gesamten Erde. Kellberg: „Die Energiewende ist eine Jahrhundertaufgabe. Und sie muss von der Gesellschaft getragen werden. Wir wollen mit der Ausstellung zeigen: Ja, die Energiewende ist möglich – aber wie? Die Ausstellung soll Orientierungswissen zur Verfügung stellen, aber auch zu Handlungen motivieren. Und zeigen, dass man etwas ändern kann.“

Sarah Kellberg lobt die Gestaltung der Ausstellung: „Dem Architekturbüro Space4 und der Medienproduktionsfirma teamstratenwerth ist es gelungen, die Vielschichtigkeit und Dichte des Ausstellungskonzeptes so aufzubereiten, dass den Besuchern eine Orientierung leichtfällt. Es gibt keine feste Besucherführung – aber klare Strukturen. Und ein tolles Raumkonzept.“

Auch sehr persönliche Gegenstände finden sich in der Ausstellung. Kellberg: „Wir haben eine Galerie ‚unsinniger Dinge‘ zusammengetragen, die uns Menschen für die Ausstellung geschenkt oder geliehen haben. Da kann man sich dann auch mal fragen, wozu ein batteriebetriebener jodelnder Flamingo aus Plüsch gut sein soll, wie viel Energie für seine Produktion aufgewendet worden ist und ob’s den denn wirklich für unser Leben braucht.“ Und es gibt auch ein Themenfeld zum Thema Mobilität, wo Menschen ihre tollen Freizeiterlebnisse teilen – aber sich auch überlegen können, mit welchen energetischen Kosten und welchem CO2-Ausstoß ihr letzter Urlaub bezahlt worden ist. Lieblingsinstallation von Sarah Kellberg ist ein Periskop, mit dem man über die Ausstellung hinwegblicken kann – und mit einer Handsteuerung selbst einen bestimmten Grad der Luftverschmutzung einstellen kann.

Und es gibt viele skurrile Dinge in der Ausstellung – wie zum Beispiel einen Atomenergie-Experimentierkasten für Kinder. „Gerade in Zusammenhang mit der Atomenergie wurde früher gern versprochen, man habe damit eine Lösung für alle Menschheitsprobleme gefunden“, sagt Kellberg. „Wir hingegen würden nie behaupten, eine globale Lösung für die Energiewende in der Ausstellung gefunden zu haben. Aber wir können sagen, wo etwas geklappt hat – und welche Möglichkeiten sich auftun.“ Die Ausstellung ist übrigens als internationale Wanderausstellung konzipiert. Die erste Station nach dem Deutschen Museum könnte Japan sein. Man hat dort bereits Interesse bekundet.

Die Ausstellung ist bis zum 19. August 2018 im Deutschen Museum zu sehen: Sonderausstellungsraum im Zentrum Neue Technologie, Ebene 1

Weitere Informationen:
www.deutsches-museum.de