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Spurenstoffe im Fokus

Spurenstoffe in Gewässern
Zahlreiche organische Verbindungen belasten die Qualität der Gewässer. © Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe NRW.

Masterplan Wasser des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalens

Spurenstoffe, also organische Mikroverunreinigungen im Abwasser, geraten immer mehr in den Fokus von Gewässerschützern und Behörden. Als äußerst dicht besiedeltes und hochindustrialisiertes Bundesland nimmt NRW eine Vorreiterrolle im Gewässerschutz ein. Mit Xylems Expertise entstehen dort zusätzliche Reinigungsstufen, in denen die schädlichen Chemikalien entfernt werden.

Baden in deutschen Flüssen ist angesagt – und tatsächlich vielerorts wieder mit gutem Gewissen möglich. Kommunale und industrielle Abwasseranlagen bereiten über 96 Prozent des Abwassers wieder auf [1] – so gut wie nach dem Stand der Technik möglich, so § 57 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Parallel zur immer besseren Reinigung des Abwassers von den lange bekannten Schadstofffrachten stieg jedoch die Belastung mit Hormonen aus der Antibabypille, mit Antibiotika aus der Tierzucht, mit Röntgenkontrastmitteln oder Chemikalien, die bereits in kleinsten Mengen wie Hormone wirken.

Der Masterplan Wasser des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalens zeigt, wie man die Verunreinigung mit diesen für die Umwelt äußerst schädlichen Stoffen reduzieren kann. Bislang erreichen rund 90 Prozent der Gewässer NRWs keinen wirklich guten ökologischen Zustand, zurückzuführen unter anderem auf Mikroschadstoffe. Um das zu ändern, setzt das Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW nun auch zur Entfernung von Spurenstoffen auf den neusten Stand der Technik, nämlich auf adsorptive und oxidative Verfahren.

Spurenstoffe werden in Kläranlagen in einer vierten Reinigungsstufe entfernt: etwa mithilfe von Aktivkohle, an die sich die Spurenstoffe anlagern. Anschließend kann die belastete Aktivkohle beispielsweise recycelt werden oder über eine Schleife in der Biologie der Kläranlage weiter beladen oder schließlich zur Wärmeerzeugung verbrannt werden.

Biologische Nachbehandlung

Dem Ozonreaktor nachgeschaltet ist die biologische Nachbehandlung. © Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe NRW

Ozon plus Filtration vermindert Spurenstoff-Eintrag

Der Einsatz von Ozon ist ebenfalls möglich. Ozon reagiert mit den Spurenstoffen und wandelt sie in nicht toxische Bestandteile um. Arne Wieland, Process Engineer bei Xylem Services, verdeutlicht: „Im günstigsten Fall entstehen Stoffe, die in der biologischen Stufe zu Biomasse abgebaut werden können.“ Ideal ist eine Kombination aus Ozon-Behandlung und Filtration. Ein groß angelegter Versuch in Zusammenarbeit mit einem schwedischen Umweltforschungsinstitut zeigte, dass sich damit nicht nur die Konzentration der Spurenstoffe deutlich reduzieren lässt, sondern auch Parameter wie TSS, CSB und Färbung [2]. Xylem hat diesen Ansatz verfolgt und zum Oxelia-Prozess weiterentwickelt.

Oxelia enthält ein Wedeco-Ozonsystem von Xylem, mit dem das Gas über Keramikdiffusoren in die Wasserphase eingebracht wird. Anschließend wird ein biologisch aktives Filtrationssystem genutzt, bei dem entweder Filterschichten aus Anthrazit oder granulierter Aktivkohle eingesetzt werden können. Spektrale WTW-Messsonden bestimmen die Wasserqualität online und regeln den Prozess, sodass nur die erforderliche Menge Ozon erzeugt wird.

In NRW verfolgt man die Strategie, das jeweilige Verfahren zur Reinigung von Spurenstoffen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten (Schadstofffrachten, vorhandene Technik, Platzbedarf etc.) zu wählen. Wieland verdeutlicht: „Eine Machbarkeitsstudie mit einer detaillierten Darstellung der Integration der verschiedenen Prozesskombinationen und deren Integration auf der Kläranlage sowie einer realistischen Kosten-Nutzen-Rechnung zeigt auf, welches Verfahren im Einzelfall vorteilhafter ist.“

Programm „Reine Ruhr“

In einem ersten großen Programm „Reine Ruhr“ [3] wurden Mikroverunreinigungen in Gewässern bewertet, wobei zwischen akuter und möglicher chronischer Gefährdung unterschieden wurde. Daraus wurde ein sogenannter Vorsorgewert als langfristiges Mindestqualitätsziel abgeleitet, der sich an dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable) orientiert.

Experten der einzelnen Regierungsbezirke leiten daraus notwendige Maßnahmen ab. Dabei stehen zunächst besonders stark belastete Gewässer und die anliegenden Kläranlagen im Fokus – wenn etwa die Menge des geklärten Wassers zu 80 Prozent oder mehr der Wassermenge des Vorfluters entspricht, beispielweise bei einem kleinen Bach. Machbarkeitsstudien werden dann in Auftrag gegeben, die Verfahren und die dafür benötigten Investitions- und Betriebskosten einander gegenübergestellt.

Programm „Sichere Ruhr“

In einem zweiten Projekt „Sichere Ruhr“, an dem auch Xylem Herford mitarbeitet, soll die Ruhr sicher im Hinblick auf die mikrobielle Wasserqualität gemacht werden: bei der Trinkwassergewinnung und möglicherweise auch als Badegewässer. Wasserverbände und Institute arbeiten zum einen daran, die Belastung mit Krankheitserregern zu reduzieren, zum anderen ein Prognosesystem zu entwickeln, das frühzeitig vor der Überschreitung der Grenzwerte für Badegewässer warnt. Xylem übernimmt dabei die Entwicklung von Technologien zur Eintragsminderung von Krankheitserregern und chemischen Mikroverunreinigungen, unter anderem mittels UV-Licht und Ozon aus Wedeco-Systemen.

Oxelia-Prozess

Der Oxelia-Prozess kombiniert ein Wedeco-Ozonsystem (Bild) mit Filtration. © Xylem

„Die Ökologie profitiert davon auf jeden Fall“, weiß Wieland aus beispielhaften Projekten in der Schweiz, wo längst der Ausbau kommunaler Kläranlagen vorangetrieben wird, um Spurenstoffe in den Gewässern zu reduzieren. Inzwischen ist auch die Liste der NRW-Kläranlagen lang, die die Spurenstoff-Reduktion in Angriff genommen haben: von A wie Ahaus bis W wie Wuppertal. Xylem-Wedeco-Ozonanlagen stehen beispielsweise in Bad Sassendorf, Schwerte und in Duisburg-Vierlinden. Im Projekt AdOx in Köln wird eine Kombination aus Adsorption an granulierter Aktivkohle und Oxidation mittels Ozonung getestet, in Aachen testet der Wasserverband Eifel-Ruhr im halbtechnischen Projekt DemO3AC die Einbindung und Auswirkungen einer späteren großtechnischen Ozonstufe.

Wieland betont: „Von der Planung bis zur Inbetriebnahme können wir unterstützen. Wir stehen den Kunden auch dann zur Seite, wenn er den Prozess einfährt.“ Denn die Feinheiten, wie der möglichst effiziente Ozoneintrag, würden von vielen Faktoren beeinflusst, etwa dem Design des Reaktionsbehälters. „Auch die Ingenieurbüros, die für das Gesamtprojekt planerisch zuständig sind, sind bei derartigen Fragen für Unterstützung dankbar“, ergänzt der Projektingenieur.

In NRW zumindest geht es geht es rasant voran. Ozonung, Filtration und manch andere Methoden in vielen Kläranlagen werden hoffentlich in künftigen heißen Sommern dazu beitragen, dass Ruhr, Lippe und anderen Flüsse im bevölkerungsreichsten Bundesland wieder zum Baden einladen.

Weitere Informationen:
Masterplan Wasser

Quellen:
[1] http://www.bmub.bund.de/themen/wasser-abfall-boden/binnengewaesser/abwasser/
[2] KA Korrespondenz Abwasser, Abfall 2014 (61) Nr. 10 (www.dwa.de/KA)
[3] http://www.masterplan-wasser.nrw.de/fileadmin/user_upload/Downloads/NRW_ReineRuhr_2014.pdf