Allein in Berlin wird so viel Energie aus Tiefgaragen ins Grundwasser übertragen, dass 14.660 Haushalte mit Wärme versorgt werden können. Zu diesem Ergebnis kam ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), des Karlsruher Instituts für Technologie und der Universität Basel. Den Forschern zufolge könnte diese Erwärmung langfristige Auswirkungen auf die Grundwasserqualität haben. In ihrer im Fachmagazin „Science of The Total Environment“ veröffentlichten Studie schlagen sie ebenfalls eine Lösung vor. Mittels Geothermie und Wärmepumpen könnte die Wärme aus dem Erdreich gewonnen und genutzt werden.
Die Forscher untersuchten Temperaturen in 31 Tiefgaragen in verschiedenen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bei sechs davon konnten sie auch die Temperatur des Grundwassers in der unmittelbaren Umgebung messen. Dadurch konnte ein Hitzeprofil für alle Standorte erstellt werden. Ihre Untersuchungen ergaben, dass Tiefgaragen das Grundwasser das ganze Jahr über erhitzen. Die größten Einflussfaktoren waren das Verkehrsaufkommen in den Tiefgaragen, die Nähe zum Grundwasser und die Grundwassertemperaturen. „Öffentliche Tiefgaragen erwärmen das Grundwasser stärker als private Anlagen, da sie oft tiefer liegen und die Autos dort kürzer parken“, erklärt Maximilian Noethen, Geowissenschaftler der MLU.
Dem Team zufolge könnten Geothermie und Wärmepumpen dabei helfen, die überschüssige Wärme im Boden zu nutzen. „Das hätte den Vorteil, dem Grundwasser Energie zu entziehen und es so abzukühlen“, sagt Noethen. Basierend auf einer Modellierung für 5.040 Tiefgaragen in Berlin berechnete das Team die Grundwassererwärmung aus den Tiefgaragen für die Stadt. Da viele Tiefgaragen in den zentralen Bezirken der Hauptstadt im oder in der Nähe des Grundwassers liegen, wird dort besonders viel Wärme an das Grundwasser abgegeben. Nach ihren Berechnungen werden in Berlin jährlich rund 0,65 Petajoule Energie emittiert. Damit könnten theoretisch rund 14.660 Haushalte mit Wärme versorgt werden. „Natürlich reicht die Wärme aus dem Grundwasser allein nicht aus, um den Wärmebedarf einer Stadt wie Berlin oder gar eines Landes wie Deutschland zu decken. Auch sind die Temperaturniveaus des Grundwassers in der Nähe der Oberfläche nicht hoch genug, um Wärme ohne Wärmepumpe bereitzustellen.“ Allerdings „Wir wissen aus bisherigen Studien, dass das Potenzial der Geothermie weit darüber hinausgeht und einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Wärmeversorgung leisten könnte“, sagt Professor Peter Bayer vom Institut für Geowissenschaften und Geographie der MLU.
Aufgrund der globalen Erwärmung steigen die Grundwassertemperaturen seit Jahrzehnten an. In Städten wird dies durch dichte Bebauung, Bodenversiegelung, mangelnde Vegetation und direkte Wärmeabstrahlung aus Tunneln und Tiefgaragen verschärft. Da die Organismen im Grundwasser an konstante Temperaturen angepasst sind, könnte sich auch die Artenzusammensetzung ändern. „Dies könnte Auswirkungen auf die Qualität des Grundwassers haben, aus dem wir große Teile unseres Trinkwassers beziehen. Diese Entwicklung muss durch vielfältige Maßnahmen gesteuert werden“, so Bayer abschließend.
Die Studie wurde gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und das Margarete-von-Wrangell-Programm des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg.
Originalveröffentlichung:
Studie: Noethen M. et al. Thermische Auswirkungen von Tiefgaragen auf das städtische Grundwasser. Wissenschaft der gesamten Umwelt (2023). doi: 10.1016/j.scitotenv.2023.166572