Infrastruktur: Projekte

Infrastruktur – vorbeugen ist besser als heilen

Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“
Prävention könnte Brücken und Straßen wirtschaftlich und langfristig fit für ihre Aufgaben als technische Infrastruktur in Deutschland halten. © M.Breig/KIT

Helmholtz-Gemeinschaft und KIT starten den Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“. Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft wollen Lebenszyklen von Straßen und Bauwerken verlängern.

Autobahnen, Kanalisation, Energieversorgung, Brücken – die technische Infrastruktur in Deutschland bildet das Rückgrat des Wirtschaftsstandorts. Ihr Erhalt stellt die Gesellschaft vor eine große Herausforderung, insbesondere vor dem Hintergrund Klimawandel, Ressourcenverknappung und Globalisierung. Statt teuren Instandsetzungen könnte mehr Vorbeugung der Schlüssel sein, um die Infrastruktur fit zu halten. Helmholtz-Gemeinschaft und KIT starten deshalb nun den Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“ mit einem 5-Jahres-Budget von 1,82 Millionen Euro, um Kompetenzen zu vernetzen und passende Technologien zu erarbeiten.

„Mit dem Hub werden wir die Akteure der gesamten Innovations- und Wertschöpfungskette zusammenbringen“, freut sich Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Innovation und Internationales am KIT. „Bauherren, Behörden, Baufirmen und Wissenschaftler an einem Tisch werden konkrete Entwicklungsbedarfe identifizieren und Technologien bis zur Markreife entwickeln.“

Prävention im Bauwesen ist noch entwicklungsfähig

„Für die beteiligten Gruppen bietet der Hub durch den Zugang zu der für dieses Thema weltweit einzigartigen Forschungsinfrastruktur des KIT große wirtschaftliche Chancen“, unterstreicht Professor Andreas Gerdes, Koordinator des KIT-Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“ (engl.: KIT Innovation Hub „Prevention in Construction“) und Leiter der Abteilung „Mineralische Grenzflächen“ des Instituts für Funktionelle Grenzflächen am KIT. „Die Prävention im Bauwesen ist trotz der hohen gesellschaftlichen Relevanz ein noch schwach entwickeltes Forschungsfeld. Unternehmen können hier neue Märkte erschließen und internationale Wettbewerbsvorteile erarbeiten. Aber auch für den Bund, das Land und die Kommunen bietet dieser Ansatz eine große Chance, den bestehenden Investitionsstau nach und nach abzubauen.“

Prävention bedeutet, dass durch die Kombination ausgewählter technischer Maßnahmen und Dienstleistungen, ausgeführt entlang des Lebenszyklus eines Bauwerks, das Risiko für ein frühzeitiges Werkstoff- und Bauwerksversagen drastisch reduziert wird. Einerseits lassen sich jedoch die Kosten für Präventionsmaßnahmen nur im Rahmen einer heute noch wenig verbreiteten Lebenszyklusanalyse rechtfertigen und nicht, wenn man – wie bei heutigen Ausschreibungen üblich – die reinen Erstellungskosten zugrunde legt. Andererseits fehlt es schlicht noch an geeigneten Präventionsmaßnahmen mit natur- und ingenieurwissenschaftlicher Basis. Im Vergleich zur Instandsetzung liegen bei Präventivmaßnahmen die Kosten bzw. Umweltbelastungen bei nur etwa 10 Prozent, wie etwa das Beispiel der Betonimprägnierung bei bayerischen Autobahnen zeigt.

Der langfristige Erhalt und der zukunftsorientierte Ausbau der technischen Infrastruktur wie Wasser-, Strom-, Gas- und Fernwärmeleitungen oder Straßen und Brücken sind von zentraler Bedeutung. Der zunehmende Ausfall von technischer Infrastruktur zeigt, dass hier großer Handlungsbedarf besteht. Dem enormen Innovationsdruck im Bauwesen stehen jedoch eine große Traditionsorientierung, Regulierungsdichte und branchenspezifische Innovationshemmnisse der von kleinen und mittleren Unternehmen dominierten Branche gegenüber. Zudem neigen Bauherren dazu, kurzfristig die Erstellungskosten eines Bauwerks zu optimieren, statt die Lebenszykluskosten, welche Erstellung, Bewirtschaftung, Instandhaltung und Vorsorge in einen langfristigen Zusammenhang bringen.

Um diese Kluft nachhaltig zu überwinden, wird das KIT im Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“ zunächst Akteure von allen Ebenen zusammenbringen – Hersteller von Rohstoffen und Produkten, Bauplaner, Bauunternehmer und Bauherren, Behörden und Normungsgremien. Zusammen sollen zunächst bedarfsorientierte, strukturierte Innovationsprozesse etabliert und Forschungs- und Entwicklungsbedarfe identifizieren werden. Dies wird in die Entwicklung innovativer Produkte, Technologien und Dienstleistungen münden. Das erarbeitete Fachwissen wird Entscheidern aus Politik und Gesellschaft direkt bereitgestellt. Darüber hinaus sollen die Erkenntnisse in die Fachkräfteausbildung und auch auf diesem Weg in Wirtschaft und Verwaltung fließen.

Der KIT-Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“ wurde nun in einem Auswahlvergahren der Helmholtz-Gemeinschaft zusammen mit sechs weiteren sogenannten Helmholtz Innovation Labs (HIL) zur Umsetzung ausgewählt. Die Helmholtz-Gemeinschaft stärkt damit die Schnittstelle zwischen industrieller und außeruniversitärer Forschung weiter. Der gegenseitige Austausch soll den Transfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung noch stärker fördern. Für den Aufbau und die Etablierung der Innovation Labs stellt die Helmholtz-Gemeinschaft in den kommenden fünf Jahren rund zwölf Millionen Euro zur Verfügung. Die HILs werden aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft und aus Mitteln der Helmholtz-Zentren sowie der beteiligten Unternehmen finanziert. Mit dieser langfristig ausgerichteten Strategie sollen die Helmholtz Innovation Labs über bisherige Transferformen hinausgehen und neue Impulse setzen.