Mobilität

E-Scooter im Rhein

E-Scooter
Etwa 500 E-Scooter liegen auf dem Grund des Rheins – die Lithium-Ionen-Batterien darin drohen auszulaufen. © FH Münster/Jana Schiller

Prof. Dr. Reinhart Job im Interview: Wie sich die Lithium-Ionen-Batterien versenkter E-Scooter auf das Wasser auswirken

Rund 500 E-Scooter liegen laut einem WDR-Bericht auf dem Grund des Rheins. Betrieben werden sie mit Lithium-Ionen-Batterien, die nun im Wasser auszulaufen drohen. Prof. Dr. Reinhart Job, Dekan am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik, lehrt an unserer Hochschule unter anderem Energiespeichertechnologie und erklärt im Interview, welche Auswirkungen dies auf das Wasser haben kann.

Prof. Dr. Reinhart Job

Prof. Dr. Reinhart Job lehrt an unserer Hochschule unter anderem Energiespeichertechnologie. Im Interview erklärt er, welche Auswirkungen die im Rhein versenkten E-Scooter auf das Wasser haben können. © FH Münster/Frederik Tebbe

Herr Prof. Dr. Job, kürzlich machte die Meldung die Runde, dass circa 500 E-Scooter auf dem Grund des Rheins liegen. Unter anderem drohen die Batterien auszulaufen. Was für Batterien sind darin verbaut?
Prof. Dr. Reinhart Job: In der Regel handelt es sich dabei um Lithium-Ionen-Batterien.

Was für Konsequenzen hat es, wenn Lithium-Ionen-Batterien im Wasser auslaufen?
Im Wasser können verschiedene Stoffe, aus denen die Batterien zusammengesetzt sind, auslaufen und freigesetzt werden und sie landen so in der Natur. Je nach Batterietyp sind das verschiedene Elektrolyte. Dabei könnte je nach eingesetztem Elektrolyt zum Beispiel auch Flusssäure entstehen. Letztendlich akkumulieren sich immer die Schadstoffe im Wasser – auch wenn sie verdünnt werden: Die metallenen Gehäuse der Scooter verrotten, die Gummireste zersetzen sich, es entsteht Mikroplastik. Da kommt einiges zusammen, was für das Wasser und auch zum Beispiel für die Fische, die darin leben, schädlich ist. Lithium wird außerdem auch in einigen Psychopharmaka verwendet – das sollte besser nicht im Wasser landen. Und der Rhein ist eine wichtige Ressource für Grund- und Trinkwasser.

Wo kann Lithium gewonnen werden?
Es wird vor allem unter stark umstrittenen Bedingungen in verschiedenen Ländern in Südamerika abgebaut, etwa in Bolivien, Chile oder Argentinien. Lithium kommt insbesondere in Südamerika vor, wobei der Ausgangsstoff Lithiumkarbonat durch Verdunstung aus der Sole von Salzseen gewonnen wird. Der dabei auftretende immense Wasserverbrauch in den ohnehin schon sehr trockenen Gegenden Boliviens, Chiles und Nordargentiniens führt zu massiven Grundwasserabsenkungen. Das ist katastrophal für die Menschen, die dort leben.
Man braucht für die Batterien aber auch andere wertvolle Rohstoffe, zum Beispiel Kobalt, das auch in großer Menge für andere wichtige Einsatzmöglichkeiten verwendet wird – zum Beispiel bei hochfestem Edelstahl oder in der Nuklearmedizin. Die wichtigsten Kobalt-Reserven liegen in der Demokratischen Republik Kongo in Zentralafrika. Die Probleme mit den dortigen Abbaubedingungen und der Kinderarbeit sind hinlänglich bekannt. In E-Scootern kommen Lithium-Ionen-Batterien zahlreich zum Einsatz, letztendlich für ein Luxusprodukt, das dann durch die Ignoranz der Leute, die es in einen Fluss schmeißen, Umweltschäden erzeugt.

Gibt es eine nachhaltigere Alternative zur Lithium-Ionen-Batterie?
Etwas nachhaltiger wären Nickel-Metall-Hybrid-Batterien. Sie sind umweltverträglicher, haben aber eine schlechtere Performance – sprich: Sie speichern nicht so große Energiemengen wie Lithium-Ionen-Batterien. Natürlich sind aber auch darin Schwermetalle und gesundheitsschädliche Elektrolyte enthalten.
Die Lithium-Ionen-Batterien sind heutzutage die leistungsfähigsten, wieder aufladbaren Batterien mit der größten spezifischen Energiedichte. Sie sind leicht und liefern lange Energie – letztlich genau das, was für mobile Einsätze gebraucht wird, zum Beispiel bei Smartphones, Notebooks oder Tablets und insbesondere auch für Elektrofahrzeuge.
Im Hinblick auf einen nachhaltigen und umweltschonenden Umgang mit Hightech-Geräten, die in der Regel immer auch problematische und knappe Rohstoffe enthalten, kommt letztendlich den Konsument*innen eine große Verantwortung zu. Als Konsument*innen müssen wir uns immer darüber im Klaren sein, dass wenn wir ressourcenintensive Produkte kaufen, die Bevölkerung und die Umwelt in den Abbauländern massiv darunter leiden. Wenn wir nachhaltig leben wollen, müssen wir global denken.