Rund 8000 Biogasanlagen gibt es bundesweit. Im Mix der erneuerbaren Energien könnten sie künftig eine wichtige Rolle übernehmen: als flexible Kraftwerke für den Ausgleich witterungsbedingter Schwankungen der Stromproduktion von Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagen. Im Rahmen des Projektes „Upgrading von Biogasanlagen durch eine bedarfsorientierte Dynamisierung der Biogasproduktion“ (UBEDB) suchen Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kooperation mit dem Maschinenring Kommunalservice GmbH Kassel und dem Landesbetrieb hessischer Landeslabore (LHL) nach intelligenten Lösungen zur Integration der Bioenergie in erneuerbare Energiesysteme.
„Wir müssen die bestehenden Biogasanlagen fit machen für die Zukunft“, betont Bernd Krautkremer, Leiter der Bioenergie-Systemtechnik am Fraunhofer IWES. „Dabei verfolgen wir Lösungsansätze, die für die Anlagenbetreiber einen möglichst geringen finanziellen und technischen Aufwand verursachen sollen. Das Projekt wird am Hessischen Biogasforschungszentrum in Bad Hersfeld (HBFZ) durchgeführt. Das HBFZ ist eine Kooperation aus der Landesanstalt für Landwirtschaft Hessen (LLH), dem LHL und dem Fraunhofer IWES. Der Versuchsstandort des HBFZ bietet den Wissenschaftlern mit seiner Forschungsbiogasanlage, die wie eine Praxisanlage in ein landwirtschaftliches Umfeld eingebettet ist, ideale Voraussetzungen hierfür.“ Ziel des am HBFZ gestarteten Projekts „UBEDB“ ist es, die Produktion von Biogas in Richtung einer flexiblen, dynamischen und bedarfsgerechten Verstromung zu optimieren. Hierfür sollen Biogasanlagen so zielgerichtet mit organischem Material gefüttert werden, dass ihre Gasproduktion und Verstromung in wind- und sonnenarmen Zeiten verlagert werden kann, um in diesen einen wertvollen Beitrag zur Deckung der Stromnachfrage leisten zu können.
„Wir wollen die biologischen Prozesse entsprechend dem Strombedarf beeinflussen“, erklärt IWES-Wissenschaftler Henning Hahn. Wie langsam oder schnell eine Pflanze abgebaut wird, hängt von ihren Inhaltsstoffen ab. Zuckerhaltige und stärkehaltige Pflanzen werden prinzipiell schneller abgebaut und eignen sich deswegen gut für einen schnellen und flexiblen Einsatz in Biogasanlagen. Neben der Identifikation der geeigneten landwirtschaftlichen Substrate, die in der jeweiligen Region und saisonabhängig zur Verfügung stehen, interessieren die IWES-Wissenschaftler sich vor allem dafür, in welchen Mengen und wie oft diese Substrate der Anlage zugeführt werden müssen. Darüber hinaus wollen die Experten unter Berücksichtigung verschiedener Anlagengrößen die Wirtschaftlichkeit einer dynamischen Biogasproduktion untersuchen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG sieht vor, dass die Einspeisevergütung für Biogasanlagen, von denen die meisten zwischen 2004 und 2007 gestartet sind, 20 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme auslaufen soll. „Bis dahin brauchen die Anlagenbetreiber Optionen, um die entstehende finanzielle Lücke, aufgrund der wegfallenden sicheren Einnahmen, schließen zu können“, sagt Krautkremer. Der Einstieg dynamisch produzierender Anlagen in den Stromhandel sei eine davon. Vorteile sehen die beiden Fachleute auch für die Landwirtschaft insgesamt. Mit der flexiblen Biogasproduktion würden sich die Anforderungen an die Substratbeschaffenheit ändern. Dies könne Anreize schaffen, den in der konventionellen Landwirtschaft einseitigen Marktfruchtanbau von Mais und Getreide aufzulockern und vermehrt alternative Kulturpflanzen anzubauen: „Damit würde unser Projekt auch zu einer höheren Biodiversität im ländlichen Raum beitragen“, erklärt Projektleiter Hahn.
Im ersten Schritt wollen die Projektpartner jetzt Gärversuche in kleinem Maßstab in den Laboren des LHL durchführen. Deren Ergebnisse sollen anschließend auf die große Versuchsanlage des HBFZ übertragen sowie Fütterungsempfehlungen und ein Produktionsfahrplan erarbeitet werden. Auf dieser Grundlage soll die dynamische Produktion dann im Demonstrationsbetrieb laufen. Zudem soll geprüft werden, inwieweit die Forschungsergebnisse auf Bestandsbiogasanlagen übertragen werden können. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt, hat ein Budget von rund 400.000 Euro und wird von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.
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Fraunhofer IWES