Energie: Forschung

Kläranlagen als Lastmanager

Kläranlagen als Lastmanager
Details der Containerversuchsanlage in Wolfenbüttel. © Ostfalia

Computersimulation zum Lastmanagement in Kläranlagen wird in einer Container-Versuchsanlage nun in der Praxis überprüft

Sind Kläranlagen zur Bereitstellung von elektrischer Regelleistung für das Stromnetz geeignet? Mit dieser Fragestellung setzen sich an der Fakultät Versorgungstechnik der Ostfalia Hochschule derzeit Prof. Dr. Jens Wagner und Stefan Kielmeier wissenschaftlich auseinander. Denn durch die Energiewende und der damit verbundenen schlechteren Regelbarkeit der Stromerzeugung in Europa, wird die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch immer bedeutender.

Eine Möglichkeit diesen Schwankungen im Stromnetz entgegen zu wirken besteht, neben teuren Stromspeichern, in der Stabilisierung des Netzes durch ein sogenanntes „Lastmanagement“. Durch dieses, auch als „Demand Side Management“ bezeichnet, erfolgt eine kurzfristige zeitliche Verschiebung des Strombezugs.

Kläranlagen verbrauchen durchschnittlich mehr Strom als die Straßenbeleuchtung. Daher untersuchen Wagner und Kielmeier vor allem die Belüftung, die durch ihren hohen Energieverbrauch das größte Potential bietet. Neben den Simulationen werden auch reale Bedingungen betrachtet, um einen möglichen Einfluss auf die Betriebsparameter auszuschließen. Dazu wurde eine Container-Versuchsanlage nach dem Vorbild einer Großanlage gebaut, die ihren Dienst seit März 2016 auf dem Gelände der Kläranlage Wolfenbüttel verrichtet. Die Anlage fasst circa 15 Kubikmeter Wasser und ist mit moderner Messtechnik ausgestattet. Die zuvor simulierten Computermodelle werden nun in der Praxis überprüft. Dabei haben sich positive Ergebnisse gezeigt. Professor Wagner berichtet: „Am Modell hat sich durch ein Abstellen der Belüftung für kürzere Zeiträume keine nennenswerte Verschlechterung der Abwasserreinigung ergeben. Die Laststeuerung und die gleichzeitige Gewährleistung der Abwasserbehandlung funktionieren bestens.“

Das bereits im Jahr 2014 gestartete Projekt wird in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Wolfenbüttel, der Firma NeVisio und der Universität Duisburg-Essen durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 431 000 Euro finanziert. Nach einer erfolgreichen Übertragung auf die Großanlage soll die detaillierte Auswertung und ein Abschlussbericht zum Ende des Jahres veröffentlicht werden. Ein Nachfolgeantrag für weitere Forschungsgelder ist vorgesehen. „Ich würde mich freuen, wenn wir weiter forschen könnten und noch genaueres zum Thema Primärregelleistungsbereitstellung oder zu der Entwicklung der lastorientierten Fahrweise von Nitrifikationsbecken beitragen könnten“, so Stefan Kielmeier.