Kommunikation: Projekte

Mit Big Data dem Leerstand entgegenwirken

Mit Big Data dem Leerstand entgegenwirken
© Jörg Möller auf Pixabay

Forschende der TH Lübeck nutzen BIG Data, um Passantenbewegungen in der Stadt zu erfassen: datensicher – ohne Fotos oder Videos zu machen

Big Data: Forschende der TH Lübeck verarbeiten und werten Passantenzahlen aus. Die Ergebnisse sollen Unternehmen, Politik und Verwaltung der Hansestadt Lübeck im Rahmen des Projekts „Stadtlabore“ langfristig dabei helfen, die Innenstadt zu beleben. Erste Resultate zeigen den Parkplatzeffekt.

„Dass sogar die ersten Ergebnisse so plausibel sein würden, hat mich sehr gefreut. Das ist selten!“, sagt Karen Cabos. Die Volkswirtin und Professorin für Internationales Management an der Technischen Hochschule (TH) Lübeck arbeitet mit ihrem Kollegen und Professor Thomas Romeyke an einem Big Data Projekt für die Hansestadt Lübeck.

Die Aufgabe: Millionen Messungen von Sensoren in der Stadt erfassen, aufbereiten, analysieren und in einem letzten Schritt Prognosen daraus ableiten. Im Rahmen des Projekts „Stadtlabor für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung“ misst die Stadt seit dem 17. Juni 2021 an zehn Standorten mithilfe von lasergestützten Sensoren in der Innenstadt die Passantenfrequenz. Ganz ohne Kameras. „Mit den Laserzählern können wir Bewegungen ermitteln und damit die Passantenfrequenz erfassen. Ohne Fotos oder Videos zu machen“, erläutert Cabos.

Der Schatzmeister

„Die von den Sensoren gemessenen Passantenzahlen sind die Größe, die wir durch andere Daten zu erklären versuchen. Auf Basis der Erklärung erhoffen wir uns dann Stellschrauben zu finden, durch die die Menschenströme in Zukunft zum Beispiel durch die Stadt zielgerichtet beeinflusst werden können“, ergänzt Professor Thomas Romeyke. „Deshalb benötigen wir neben den Passantenströmen möglichst viele andere Daten, die Bestandteil einer Motivation sein können, gerade jetzt an einem der Sensoren vorbeizugehen.“ Naheliegend sind beispielsweise die Geschäftsöffnungszeiten – ein ganz wichtiger Parameter. Während diese relativ einfach zu berücksichtigen sind, ist die Beschaffung von anderen, sehr detaillierten Daten beispielsweise zur aktuellen Auslastung von Parkplätzen und Parkhäusern und dem öffentlichen Personennahverkehr aufwendiger: „Diese Daten sind sehr unterschiedlich strukturiert und müssen deshalb in einem relativ aufwendigen Prozess miteinander kompatibel gemacht werden“, beschreibt Professor Romeyke diesen Teil des Projektes. „Erst danach kann die Forschungsarbeit losgehen“ ergänzt der Wirtschaftsinformatiker.

Die Detektivin

Aus dem von ihrem Kollegen aufbereiteten Datensatz leitet Professorin Karen Cabos am Ende eine Prognose für das Besucheraufkommen ab. Bis es so weit ist, muss Cabos wie eine Detektivin Vermutungen darüber aufstellen, welche Faktoren die Passantenzahlen beeinflussen könnten. Dazu gehören beispielsweise Wochentage, Uhrzeiten und Schulferien aber auch Wetterlagen, die Parkplatzauslastung, Busfrequenzen und Sonderfaktoren. Danach heißt es „Trial-and-Error“. „Ich nutze mehrere Iterationsschritte, um zunächst die Erklärungsbeiträge thematischer Variablengruppen wie den Ladenöffnungszeiten zu analysieren und schließlich in ein optimales Prognosemodell zu integrieren. Im Prognosemodell müssen steuerbare Variablen, wie Ladenöffnungszeiten, mit nicht steuerbaren, wie dem Wetter kombiniert werden“, erklärt Karen Cabos. „Was sich zeigt: die Daten sind offensichtlich gut, da die ersten Ergebnisse alle plausibel sind.“

Der Parkplatzeffekt

„Was mich sehr überrascht hat, ist die hohe Bedeutung der Auslastung der Parkplätze in den Sommermonaten und im Dezember“, so die Professorin. Die Auslastung der Parkplätze lässt darauf schließen, dass viele Touristen davon abhängig sind. „Die Relation von Auto pro Mensch ist hier aus einem ökologischen Gesichtspunkt schlechter als in den anderen Monaten“, bilanziert Cabos. Außerdem zeige sich ein starker Einfluss der Ladenöffnungs- und Bürozeiten auf die Passantenzahlen. „Die Ergebnisse sind recht robust. Unser Datensatz ist noch sehr stark von der Corona-Pandemie geprägt. Je länger wir die Daten sammeln und Vergleiche ziehen können, desto besser können wir auch Prognosen machen und Schlüsse ziehen, was den Läden und Unternehmen helfen könnte. Das Projekt muss also weitergehen“, appelliert die Professorin.