Das Research Lab for Urban Transport (ReLUT) feierte im Mai 2023 sein fünfjähriges Bestehen. Die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) bündelt hier ihre Expertise auf dem Gebiet Mobilität und Logistik. Das ReLUT hat sich in nur fünf Jahren als eines der wichtigsten forschungsstarken Institute der Frankfurt UAS etabliert, das Themengebiet an der Hochschule maßgeblich geprägt und den Schwerpunkt auf Herausforderungen von Verkehr und Logistik des urbanen Raums gelegt. In 60 drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten konnten knapp 9,6 Millionen Euro (Stand Mai 2023) eingeworben werden. Beispielsweise wurden Projekte zur letzten Meile des Wirtschaftsverkehrs, zum Personenverkehr sowie große Datenanalysen durchgeführt.
„Anwendungsorientierte Forschung zeichnet unsere Hochschule aus. Durch Einrichtungen wie das ReLUT gelingt es uns, dringend benötigte Erkenntnisse zur Bewältigung der drängenden Zukunftsfragen in die Praxis zu transferieren. Der Klimawandel, der demografische Wandel sowie die Komplexität von Lieferketten fordern uns heraus, Mobilität und Logistik neu zu denken und zu gestalten. Als Hochschule für Angewandte Wissenschaften sind wir stolz darauf, dass unsere Forschung zum Gelingen der gemeinsamen Zukunft beiträgt“, betont Prof. Dr. Susanne Rägle, Vizepräsidentin für Forschung, Weiterbildung und Transfer der Frankfurt UAS. Zudem zeichne Interdisziplinarität das ReLUT aus und ermögliche es, kreative Ansätze zu entwickeln, indem die Probleme umfassend betrachtet und bearbeitet werden. So gelänge Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen – ökologisch, ökonomisch und sozial. Das sei eine Besonderheit der Forschung an der Frankfurt UAS.
Ursprung und neues Direktorium
Ursprünglich als Forschungslabor Wirtschaftsverkehr von Prof. Dr.-Ing. Petra K. Schäfer (Fachbereich Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik), Prof. Dr. Tobias Hagen und Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke (beide Fachbereich Wirtschaft und Recht) gegründet, erfolgte am 28. Mai 2018 mit der Bescheidübergabe der ersten Förderung die Gründung des ReLUT. Die Forschung konnte damit interdisziplinär gebündelt und ausgebaut werden, sodass auch höherwertige und länger laufende Folgeprojekte beantragt werden konnten. Durch die Zusammenarbeit der beteiligten Fachbereiche wurde der Themenfokus über den Wirtschaftsverkehr hinaus auf Herausforderungen des urbanen Raums im Hinblick auf Verkehr und Logistik erweitert. Darüber hinaus konnten die Stiftungsprofessur „Radverkehr“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMVI) akquiriert und das Promotionsrecht im Bereich „Mobilität und Logistik“ erreicht werden. Nach der Wahl zum Präsidenten der Hochschule hat Schocke das ReLUT-Direktorium verlassen. Neben Schäfer und Hagen ergänzen Prof. Dr. Anne Lange und Prof. Dr.-Ing. Dennis Knese (Inhaber der Professur Radverkehr) das Direktorium fortan.
Neue Disziplinen erweitern Perspektive
Neben den Disziplinen Verkehrsplanung und Logistik vereint das ReLUT inzwischen umfangreiche Kompetenzen: Stadtplanung, Sozialwissenschaft, Data Science, Informatik und Künstliche Intelligenz (KI), Geoinformation, Rechtswissenschaft, Fahrzeugtechnik sowie Wirtschaftswissenschaften. Die Expertise des Teams wird durch die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern aus Wissenschaft und Praxis ergänzt. Dadurch werden Fragestellungen zu Verkehr und Logistik weltweit untersucht und Lösungen entwickelt, die die Lebensqualität in Städten und dem Umland, im In- und Ausland verbessern.
Beispielhafte Forschungsprojekte
Das Projekt „start2park – Parksuche erfassen, verstehen und prognostizieren“ analysiert die Parkplatzsuche und entwickelt Lösungsansätze. Über die start2park-App wird erstmals die Parkplatzsuche von Autofahrerinnen und Autofahrern detailliert aufgezeichnet. Anhand der bereits erhobenen und noch zu erhebenden Daten soll aufgezeigt werden, ob Parksuchverkehr ein über- oder unterschätztes Phänomen ist und wie Kommunen durch Parkraummanagement und Verkehrsplanung den Parksuchverkehr reduzieren können. Ziel ist es zudem, dass Navi-Apps zukünftig auch die Parksuchzeit vorhersagen können, um so einen realistischeren Vergleichswert gegenüber anderen Mobilitätsangeboten zu haben. Denn oftmals gibt die prognostizierte Wegzeit der favorisierten Navigationsapp den Ausschlag dafür, welches Verkehrsmittel eine Person wählt.
Die LastMileTram-Projekte befassten sich am Beispiel der Stadt Frankfurt am Main mit der Belieferung der Innenstadt durch Integration des Schienennetzes. Der Fokus lag hierbei auf der Paketzustellung mit der Straßenbahn. In einem ersten Projekt wurde mithilfe eines Pilotversuchs die technische Machbarkeit dieses Zustellprozesses untersucht. Eine anschließende Standortanalyse untersuchte das Straßenbahnnetz hinsichtlich geeigneter Stationen zum Ein-, Aus- und Umladen. Abschließend erfolgte eine Simulation eines großflächigen Einsatzes einer Lastentram für den urbanen Transport von Gütern.
Das Projekt NaTourHuKi, in dem Expertinnen und Experten aus den Bereichen Verkehrs- und Landschaftsplanung und Tourismus sowie aus kommunalen bzw. regionalen Institutionen an einem nachhaltigen Tourismuskonzept für Hanau und den westlichen Teil des Main-Kinzig-Kreises arbeiten, ist ein Beispiel transdisziplinärer Zusammenarbeit. Durch die bereits vorhandene Anbindung des Kreises an das Regionalbahnnetz zeigt sich das Potenzial für eine umweltfreundliche Anreise ins Kinzigtal.
Auch akute Themen stehen auf der Agenda des ReLUT: So wurde im Sommer 2021 zeitnah eine Befragung von Pendlerinnen und Pendlern zu den Auswirkungen der Sperrung der Salzbachtalbrücke an der A66 durchgeführt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Mobilität und den Lieferverkehr wurden in den Sommern 2020 und 2021 anhand einer eigenen repräsentativen Panel-Erhebung sowie existierender Daten untersucht. Dabei wurden die möglichen kurz- und langfristigen Effekte sichtbar gemacht. Bestandteil der Studie war es auch zu untersuchen, welche Konsequenzen Impfvorgaben im Hinblick auf die Nutzung des ÖPNV haben und wie das Einkaufsverhalten durch die Pandemie beeinflusst wurde.
Wissenstransfer
Wissenstransfer leistet das ReLUT vor allem mit der Ausrichtung von Veranstaltungen: Forschungsergebnisse wurden auf dem achtmal jährlich stattfindenden FAN@HOLM, der jährlichen internationalen Urban Transport Conference und der mit der Fraport AG durchgeführten Veranstaltung Mobilität2100 vorgestellt. „Diese Vernetzungsveranstaltungen und Austauschformate sind sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft wertvoll. Der gegenseitige Austausch beflügelt Ideen und Innovationen und gibt der Praxis neue Impulse für eine erfolgreiche Umsetzung von frischen Modellen und Konzepten in Bereichen der Logistik und Mobilität“, hebt Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Präsident der Frankfurt UAS, ehemaliges Mitglied des ReLUT-Direktoriums und Mitbegründer der Urban Transport Conference, hervor.
Neue hochschulinterne Partner, Mitarbeitende und Räumlichkeiten
Das hochschulinterne Netzwerk des ReLUT konnte in den letzten Jahren durch neue Forschungsprojekte erweitert werden. Zahlreiche Professorinnen und Professoren konnten mit Projekten ins ReLUT aufgenommen werden. Sie befassen sich mit Themen wie Schienenverkehrswesen, Radverkehr, Recht und Transportökonomik. Über gemeinsame Forschungsprojekte wurde auch das Research Lab for Law and applied Technologies (ReLLaTe) mit dem ReLUT verknüpft. Aber nicht nur professoral konnte sich das ReLUT erweitern: Zu Beginn arbeiteten im ReLUT sechs wissenschaftliche Mitarbeiter/-innen und eine Laboringenieurin. Derzeit verzeichnet das ReLUT 16 wissenschaftliche Mitarbeiter/-innen, eine wissenschaftliche Leitung, eine Laboringenieurin und eine Administrativkraft sowie zehn studentische Hilfskräfte. Wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen steht die Option offen, ihre Arbeit mit einer Promotion am hochschulübergreifenden Promotionszentrum Mobilität und Logistik zu kombinieren.
Durch das immense Wachstum und die starke Etablierung als forschungsstarker Bereich war es auch das ReLUT, das als erste Forschungseinrichtung der Frankfurt UAS die neuen Räumlichkeiten des House of Science and Transfer (HoST) bezog.
Promotionszentrum Mobilität und Logistik
Dass das Promotionszentrum Mobilität und Logistik an der Frankfurt UAS ansässig ist, hat einen guten Grund: Die Stadt Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet bieten durch die Lage und als Verkehrsdrehkreuz Europas ideale „Versuchsbedingungen“, um vertieft in diesem Bereich zu forschen. Die Stärke im Finanz- und Wirtschaftssektor sorgt zudem für hohen Pendlerverkehr. Zahlreiche Projekte mit Akteuren aus Wissenschaft, Kommunen und Unternehmen resultieren aus diesem Standortvorteil. Die enge Verzahnung mit dem ReLUT wird auch personell deutlich: Schäfer ist Sprecherin des Promotionszentrums und Hagen Mitglied im Promotionsausschuss.
Weitere Informationen zum ReLUT unter: Relut
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