Die Energiewende erfordert eine Dynamisierung des Netzbetriebs und damit eine ganz neue Generation von Leitwarten zur Steuerung der Stromnetze. Die innovative Leitwarte an der TU Ilmenau ist die erste ihrer Art weltweit. Um möglichst realistische Bedingungen zu schaffen, wurde sie mit einem Stromnetz verbunden, das im Labormaßstab an der Universität Magdeburg aufgebaut wurde.
Stromnetze, die der Versorgung ganzer Länder mit elektrischer Energie dienen, werden von mehreren Stellen aus in Netzleitwarten zentral koordiniert. Solche Leitwarten steuern nicht nur den Stromdurchfluss im Regelbetrieb, sie müssen auch Störungen möglichst rasch erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Durch die Energiewende sind die Anforderungen an komplexe Energiesysteme wie die bestehenden Stromtransportnetze enorm gestiegen. Gab es bislang wenige Großkraftwerke, die Strom ins Netz einspeisten, werden diese mehr und mehr durch unzählige kleine und mittlere Erzeuger überwiegend erneuerbarer Energien ersetzt. Da Windenergie hauptsächlich in Norddeutschland erzeugt und ins Netz eingespeist wird, die großen Ballungsgebiete mit hohem Stromverbrauch aber vielfach im Süden liegen, muss elektrische Energie über weite Strecken transportiert werden. Durch die zunehmende Einspeisung großer Mengen Wind- und Sonnenenergie werden die Prozesse im Netz wesentlich komplexer und dynamischer und neue Technologien wie die Gleichstromübertragung werden eingesetzt. Die Überwachungs- und Kontrollaufgaben werden dadurch komplizierter und aufwändiger. Die bisherigen Leitwarten sind diesen höheren Anforderungen nicht mehr gewachsen.
Seit 2015 wird im Projekt „DynaGrid Control Center“ an der TU Ilmenau eine neue Generation von Netzleitwarten entwickelt und aufgebaut. Die dynamische Netzleitwarte überwacht und steuert in Echtzeit aus fast 300 Kilometern Entfernung das simulierte Magdeburger Hochspannungsnetz und übernimmt das intelligente Datenmanagement. Partner des 7,2-Millionen-Euro-Projekts, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund fünf Millionen Euro unterstützt wird, sind die Siemens AG Erlangen, die TU Ilmenau, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die Ruhr-Universität Bochum, das Fraunhofer-Institut für Angewandte Systemtechnik Ilmenau und das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung Magdeburg. Die entwickelten neuen Methoden der Echtzeitsteuerung und -datenverarbeitung in elektrischen Netzen können in Zukunft nicht nur in den deutschen Stromtransportnetzen angewendet, sondern in die ganze Welt exportiert werden.