Energie: Projekte

Reallabore der Energiewende

Reallabore der Energiewende
© Robert Hell auf Pixabay

Fraunhofer in mehreren Konsortien als Gewinner des Ideenwettbewerbs Reallabore der Energiewende vertreten

In 20 Reallaboren untersuchen Unternehmen und Einrichtungen künftig bundesweit innovative Energietechnologien unter realen Bedingungen und bringen diese in die industrielle Skalierung. Im Fokus stehen ganzheitliche Wasserstofftechnologien. Da Wasserstoff ein Kernelement der Sektorenkopplung sein wird, werden verschiedene Aspekte beleuchtet. Jetzt hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) die Gewinner des „Ideenwettbewerbs Reallabore der Energiewende“ bekannt gegeben. Mehrere Fraunhofer-Institute sind Partner in zukunftsweisenden Projekten. Mit ihrer Expertise leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Energiewende.

Mit „Reallabore der Energiewende“ werden zukunftsfähige Energietechnologien nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Anwendung unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab erprobt. Jetzt hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Gewinner des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ bekanntgegeben. Von insgesamt 90 Vorschlägen wurden bundesweit 20 Sieger ausgewählt. Fraunhofer ist in mehreren Konsortien vertreten, die in den kommenden Monaten ihre Anträge für Fördermittel stellen. Das BMWi stellt jährlich 100 Millionen Euro bereit. Für Reallabore in Strukturwandelregionen genehmigt das BMWi zusätzliche 200 Millionen Euro. Mit den Reallaboren will die Bundesregierung auch das Thema Wasserstofftechnologie vorantreiben und eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen. Erzeugt werden kann Wasserstoff etwa per Elektrolyse auf Basis von Strom aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen.

„Die Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt die nationalen Kraftanstrengungen Strukturwandel und Energiewende mit vielfältigen Projekten und Engagements: Vom ressourceneffizienten Rohstoffeinsatz und der Kohlenstoffkreislaufwirtschaft über erneuerbare Energien und energetisches Bauen bis hin zur Energiespeicher- und Batteriezellforschung zählen unsere Institute zu den entscheidenden Innovationstreibern. Wir freuen uns, auch über eine Mitarbeit bei den Reallaboren in mehreren Projekten unsere Expertise bei Energie- und Wasserstofftechnologien einbringen zu können“, begrüßt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, die Auswahl der Siegerprojekte.

„GreenHydroChem“ – mit Grünem Wasserstoff zur CO2-Reduktion beitragen

Zu den Gewinnern im Ideenwettbewerb „Reallabore der Energiewende“ zählt „GreenHydroChem“. Das mit über 100 Megawatt weltweit größte Elektrolyse-Anlage-Projekt zur Erzeugung von Grünem Wasserstoff der Partner Siemens AG, Linde Aktiengesellschaft und Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS geht jetzt von der Planungs- in die Realisierungsphase über. Im Projekt demonstrieren die Partner die Erzeugung und Speicherung von Grünem Wasserstoff sowie dessen Anwendung in verschiedenen Nutzungspfaden im Rahmen der Sektorenkopplung. Das Vorhaben, das Siemens koordiniert, nutzt die Standortvorteile im Mitteldeutschen Chemiedreieck, das erstmals im industriellen Maßstab mit Grünem Wasserstoff versorgt wird. Dieser soll die anfallenden Treibhausgas-Emissionen signifikant verringern. „Green-Hydro-Chem Mitteldeutschland“ wird bis 2024 in Leuna umgesetzt.

„Reallabor GWP“ – Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen

Wärmenetze sind ein wesentlicher Baustein für eine emissionsarme Wärmeversorgung. Großwärmepumpen zur Nutzung von Umwelt- und Abwärme spielen in deutschen Wärmenetzen bisher eine untergeordnete Rolle. Gemeinsam mit dem Energieeffizienzverband AGFW (Koordinator) und sechs weiteren Partnern untersucht das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE im Siegerprojekt „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen – Installation, Betrieb, Monitoring und Systemeinbindung“ von Januar 2020 bis Dezember 2024, welche wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen und Betriebskonzepte für den effizienten Einsatz von Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen erforderlich sind. Darüber hinaus untersucht das Konsortium, wie sich Großwärmepumpen für die übergeordnete Transformation der Wärme- und Strominfrastruktur nutzen lassen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Sektorenkopplung leisten können. Dazu sollen fünf Großwärmepumpen mit unterschiedlichen Einbindungskonzepten, Wärmequellen und weiteren Spezifika in existierende Fernwärmenetze in Deutschland integriert werden. Das Fraunhofer ISE befasst sich in dem Projekt vor allem mit dem Monitoring der Großwärmepumpen hinsichtlich Energieperformance, Betriebsoptimierung und Emissionsreduzierung.

„RefLau“ – Wasserstoff als chemischer Speicher

Im Reallabor Referenzkraftwerk Lausitz wird der Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe Schlüsseltechnologien der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien und Wasserstoff als chemischem Speicher in der Praxis erproben und den Umbau zu einer CO2-neutralen, sektorübergreifenden Energieversorgung vorantreiben. Als Partner der Hochschule Zittau/Görlitz unterstützt das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU das Forschungsvorhaben. Das Referenzkraftwerk Lausitz mit einem 500 MWh Wasserstoffspeicher wird künftig Strom und Wärme für alle Sektoren bereitstellen. Ziel ist es, Wasserstoff für Verkehr und Industrie verfügbar zu machen und in das bestehende Erdgasnetz einzuspeisen. Zudem wollen die Partner gesetzliche und regulatorische Hürden, die einen wirtschaftlichen Betrieb bei der Kombination der verschiedenen Technologien erschweren, ermitteln und durch konkrete Anpassungen des regulatorischen Rahmens abbauen. Der Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe koordiniert das Vorhaben.

Norddeutsches Reallabor – Dekarbonisierung aller Verbrauchssektoren

Das Norddeutsche Reallabor zeichnet sich durch seinen gesamtsystemischen Ansatz aus und legt dabei den Fokus auf zwei Technologiebereiche, die großflächig, technologieoffen sowie markt- und realitätsnah erprobt werden sollen: integrierte Sektorenkopplung mit Schwerpunkt Wasserstoff sowie energieeffiziente Quartierslösungen vorrangig im Wärmebereich. Die erfolgreichen Entwicklungen und bereits funktionsfähigen Lösungen des noch bis Ende 2020 laufenden Großprojekts NEW 4.0 – Norddeutsche EnergieWende bilden die Basis für das Norddeutsche Reallabor.

Um CO2 einzusparen, sollen Rückstände aus Raffinerien mit Grünem Wasserstoff weiterverarbeitet werden. Auch will das Konsortium untersuchen, wie sich das Beimischen von Wasserstoff in Erdgas-Brennern auswirkt. Um den Verkehrssektor systemisch einzubinden, sollen vermehrt Brennstoffzellen-Fahrzeuge genutzt und Wasserstofftankstellen gefördert werden. Für das Vorantreiben der Wärmewende wollen die Partner zudem die Abwärme einer Müllverbrennungs- sowie einer Industrieanlage mittels vorhandener Fernwärmeleitungen nutzbar machen.

Das Konsortium setzt sich aus 18 Verwertungspartnern und 30 weiteren Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen und wird vom Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg koordiniert. Als wissenschaftlicher Partner bringt das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel seine Kompetenzen in der Energieinformatik und der Netzplanung ein. Zur Analyse und Demonstration des Gesamtsystems und der Wechselwirkungen verschiedener Betriebsführungen kommt die Test- und Simulationsplattform OpSim des Fraunhofer IEE zum Einsatz. OpSim ermöglicht es, Strom- und Gasnetz-Simulationen über einen Message-Bus zu koppeln und somit ein Multisparten-Energiesystem nachzubilden.

Weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISEFraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE |
Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und EnergiesystemtechnikFraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik |
Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWUFraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU |
Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS

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