Der deutsche Energiemarkt steht vor großen Herausforderungen, die nur durch ein Zusammenspiel aller Beteiligten bewältigt werden können. „Aus Erfahrung wissen wir: In jeder Herausforderung stecken auch Chancen“, sagt Michael Lucke, Geschäftsführer vom AÜW. Aus diesem Grund war nach der erfolgreichen Durchführung der Vorgängerprojekte IRENE und IREN2 die Fortsetzung dieser fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen AllgäuNetz, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, Hochschule Kempten, Siemens AG und Allgäuer Überlandwerk für alle Beteiligten ein logischer Schritt. Das neue Projekt „pebbles“ setzt sich, aufbauend auf den Erkenntnissen über ein innovatives Management erneuerbarer Energien im Verteilnetz, mit dem regionalen bzw. lokalen Handel von Energie auf Verteilnetzebene auseinander.
Entwicklung einer regionalen Energiehandelsplattform
Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Förderprogramms „Smart Service Welt II“ geförderten Forschungsprojekts „pebbles“ ist die Entwicklung einer regionalen Energiehandelsplattform und der Aufbau eines Demonstrators im Netzgebiet der AllgäuNetz GmbH & Co.KG. Die Entwicklung und Untersuchung von plattformbasierten Geschäftsmodellen samt komplementären Cloud-Services stehen dabei im Mittelpunkt. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren.
Weiter sollen die Implikationen für und Synergieeffekte mit einer aktiven Verteilnetzbetriebsführung erforscht werden.
Die Siemens AG wird als Technologielieferant die informationstechnische Umsetzung der Handelsplattform verantworten sowie eine Reihe von Cloud-Services, z.B. ein Cloud-basiertes Energiemanagementsystem, entwickeln. Auf der Handelsplattform sollen die verschiedenen Teilnehmer wie beispielsweise private Haushalte oder Handwerksbetriebe wie Bäckereien Energie miteinander handeln und Flexibilität anbieten können. Die entstehenden Verbindlichkeiten zwischen den Teilnehmern werden softwareseitig mit Hilfe von Smart Contracts auf Basis der Blockchain-Technologie abgebildet. Durch den Einsatz dieser Technologie können einer Kilowattstunde erstmals klare, individuelle Merkmale zugeordnet werden und so Strom, der lange Zeit als Paradebeispiel für ein homogenes Gut galt, zu einem heterogenen Produkt machen. Um mehr Liquidität für den Demonstrator bereitzustellen, wird Fraunhofer FIT virtuelle Marktteilnehmer simulieren und zusammen mit der Hochschule Kempten die wissenschaftliche Verwertung der Projektergebnisse für Forschung und Lehre gewährleisten. Zudem kann das Konsortium auf bereits bestehende Infrastruktur wie den Energiecampus Wildpoldsried aus den Projekten IRENE, DeCAS und IREN2 zurückgreifen, der u.a. eine große Last, eine Erzeug-ungsanlage, einen Speicher oder auch einen Prosumer-Haushalt nachbilden kann. AÜW obliegt es, die Plattform zu betreiben und darauf ein innovatives und zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Daneben wird diesem lokalen Markt über das virtuelle Kraftwerk von AÜW Zugang zu zentralen Vermarktungsoptionen wie der Strombörse gewährt – mit dem Ziel, Angebot und Nachfrage stets ausgleichen zu können. Die AllgäuNetz GmbH und die Hochschule Kempten haben nach wie vor den innovativen Betrieb des Verteilnetzes im Auge und erforschen, in welche neue, aktive Rolle der Verteilnetzbetreiber im Rahmen einer solchen regionalen Handelsplattform durch Einsatz moderner Komponenten und Systeme sowie intelligenter Betriebsführungsstrategien schlüpfen kann. Durch die neue informations- und kommunikationstechnische Infrastruktur im Netzgebiet, bestehen für den Verteilnetzbetreiber AllgäuNetz neue Möglichkeiten für die Überwachung und aktiven Betriebsführung seines Netzes. Anreizbasierte Instrumente, wie z.B. dynamische Netzentgelte, können hierbei netzdienliches Verhalten bei den Teilnehmern der lokalen Handelsplattform hervorrufen.
Parallel zu Entwicklung und Betrieb der digitalen Handelsplattform wird ein weiterer Fokus auf den rechtlichen Rahmenbedingungen liegen. Da das untersuchte Konzept mit der aktuellen (energie)rechtlichen Gesetzgebung nicht vereinbar ist, besteht der Bedarf nach der Formulierung passender, die Interessen aller Stakeholder berücksichtigender regulatorischer Rahmen-bedingungen und ist damit ebenfalls Aufgabe des Konsortiums.
In Projekt „pebbles“ wird der Einsatz der Blockchain-Technologie im deutschen Energiesektor erstmals ganzheitlich, d.h. aus den Blickwinkeln aller relevanten Stakeholder, auf allen physischen und informationstechnischen Ebenen betrachtet. Die Möglichkeit, sowohl Handelsgeschäfte als auch Netzdienste auf derselben Plattform abwickeln zu können macht das Projekt in Deutschland einzigartig.
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pebbles