Das Konsortium des EU-Projekts „Heat Roadmap Europe 4“ macht umfangreiche Daten zum Wärme- und Kältebedarf der EU öffentlich zugänglich. Der kostenlose Datensatz enthält Zahlen und Analysen zu allen 28 Ländern. Auf dieser Basis kann unter anderem die Wärme- und Kältestrategie der EU weiterentwickelt werden.
Der kürzlich im Rahmen des EU-Projekts „Heat Roadmap Europe 4“ (HRE4) veröffentlichte Datensatz zeigt: In der Europäischen Union werden etwa 50 Prozent des Endenergieverbrauchs für die Bereitstellung von Wärme und Kälte benötigt, der größte Teil davon wird für Raumheizung und industrielle Prozesse aufgewendet. Der Einsatz Erneuerbarer Energien nimmt in den meisten der 28 EU-Mitgliedstaaten nur langsam zu und liegt im Mittel momentan bei unter 20 Prozent. Vor allem Wärme wird nach wie vor mit fossilen Energieträgern wie Erdgas, Heizöl und Kohle erzeugt.
Bisher musste für entsprechend Aussagen auf vereinzelte Studien zurückgegriffen werden, die mit unterschiedlichen Methoden und Definitionen erstellt wurden. Diese Forschungslücke schließt der HRE4-Datensatz: Die mit einheitlichen Methoden erhobenen Daten zeichnen ein lückenloses Bild des Wärme- und Kältebedarfs der EU und ermöglichen Vergleiche zwischen den Mitgliedsstaaten.
HRE4-Datensatz vereinfacht Vergleichbarkeit von EU-Ländern
Dr. Tobias Fleiter, Projektleiter am Fraunhofer ISI, betont: „Die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern ist der größte Mehrwert des HRE4-Datensatzes gegenüber bisherigen Sammlungen nationaler Daten. Mit den hochaufgelösten, konsistenten Werten lassen sich die Strukturen einzelner EU-Länder einfacher gegenüberstellen. Diese Basis ermöglicht der EU, bei der Gestaltung der europäischen Wärmewende die unterschiedlichen Ausgangslagen in den einzelnen Mitgliedsstaaten besser zu berücksichtigen.“
Der HRE4-Datensatz ist nicht nur nach Ländern aufgeschlüsselt, sondern auch nach den Sektoren Industrie, Haushalt und Dienstleistung. Die detaillierten Zahlen zeigen unter anderem, welche Prozesse, Branchen und Wertschöpfungsketten in der EU besonders viel Wärme beziehungsweise Kälte benötigen und mithilfe welcher Energieträger die einzelnen Länder diesen Bedarf decken.
Wichtigste deutsche Energieträger für Wärme und Kälte: Erdgas und Öl
In Deutschland beispielsweise werden 56 Prozent des Endenergieverbrauchs für Wärme und Kälte verwendet. Davon entfallen allein 87 Prozent auf Raumheizung sowie industrielle Prozesse und nur zwei Prozent auf Kältebereitstellung. Die wichtigsten Energieträger sind Erdgas (42 Prozent) und Öl (22 Prozent), die einzige nennenswerte erneuerbare Energiequelle ist Biomasse (8 Prozent). Solarenergie und Umgebungswärme liegen noch bei unter einem Prozent.
In den Mitgliedstaaten zeigt sich ein gemischtes Bild. Während beispielsweise das Vereinigte Königreich und die Niederlande mit einem Anteil von über 60 Prozent an der Wärmeversorgung sehr abhängig vom Erdgas sind, setzen Schweden und Finnland mit Anteilen von unter 10 Prozent kaum darauf; hier haben Fernwärme und Biomasse sehr hohe Anteile.
Der als Open-Access-Datei kostenlos zugängliche Datensatz kann dazu dienen, politische und wirtschaftliche Strategien sowohl auf EU-Ebene als auch in einzelnen Mitgliedstaaten zu entwickeln und/oder anzupassen – vor allem die 2016 veröffentlichte Wärme- und Kältestrategie der EU, für die unter anderem das Fraunhofer ISI Daten geliefert hat.
Weitere Informationen:
Zugang zum Datensatz und zu Präsentationen für 14 Länder
HRE4-Projektseite beim Fraunhofer ISI
Bericht: Profile of heating and cooling demand in 2015
Broschüre: Heating and cooling. Facts and Figures
Hintergrund:
Das Projekt „Heat Roadmap Europe 4“ (HRE4) wird von der Aalborg Universität koordiniert und im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020 (http://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/what-horizon-2020) gefördert. Das Projektkonsortium modelliert die Energiesysteme der 14 größten EU-Länder. Ziel ist die Entwicklung von Strategien zur Dekarbonisierung des Energiebedarfs für die Wärme- und Kälteerzeugung der EU. Dabei spielen neben der technischen Machbarkeit auch die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit der Lösung eine wichtige Rolle. Der jetzt veröffentlichte Datensatz beruht auf einer Kooperation zwischen dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, der Universität Utrecht, Armines und TEP Energy GmbH.