Energie: Forschung

Wärmespeicherung in der Erde

Wärmespeicherung in der Erde
Küstenkraftwerk in Kiel: Mit den unterirdischen Speichern sollen Häuser im Winter geheizt und im Sommer gekühlt werden können. © Stadtwerke Kiel

Mit der sommerlichen Sonne erzeugte Wärme tief in der Erde speichern und sie im Winter wieder in die Wohnzimmer leiten

Wärmespeicherung im Sommer für den Winter: Mit der sommerlichen Sonne erzeugte Wärme tief in der Erde speichern und sie im Winter wieder in die Wohnzimmer leiten: Dass diese Methode funktionieren und einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten kann, haben Forschende des Kompetenzzentrum Geo-Energie (KGE) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) am 25. Oktober bei der Fachtagung PowerNet 2022 in Büdelsdorf nachdrücklich dargelegt.

Seit fast zehn Jahre wird am KGE zu untertätigen Wärmespeichern geforscht. Dazu Professor Andreas Dahmke, Leiter des Kompetenzzentrums Geo-Energie an der CAU: „Es ist in der aktuellen Wärmeversorgungskrise fast ein Glücksfall, dass nun eine sehr breite Basis an Daten und Erkenntnissen zur Verfügung steht.“

Ähnlich wie im Bergbau-Deutsch reden Dahmke und Co. dabei von untertägigen Wärmespeichern. Mit dem Unterschied, dass nicht Kohle unter Tage gefördert werden soll, sondern Wasser, das mit Solarthermie oder zum Beispiel auch mit Abwärme von Industrieanlagen erhitzt worden ist. In sieben sehr kompakten Vorträgen haben die jeweiligen Fachleute des Kompetenzzentrums beim PowerNet-Symposium das Thema aus verschiedenen relevanten Perspektiven beleuchtet.

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass der oberflächennahe geologische Untergrund in Schleswig-Holstein sehr günstige Eigenschaften für saisonale Wärmespeicher aufweist und meistens auch genügend Freiflächen in der Nähe von Kommunen existieren, um sie mit Solarthermie für die Wärmeversorgung im Winter zu „befüllen“. Weil diese saisonalen untertägigen Speicher in der Regel verhältnismäßig klein sind, kann bei einem richtigen Management des geologischen Untergrunds die Wärmeversorgung sichergestellt werden, ohne die Wasserversorgung zu beeinträchtigen.

Breiter Raum wurde bei den jahrelangen Forschungen den möglichen Umweltbeeinträchtigungen gewidmet. Nach allem Ermessen völlig unbedenklich sind demnach Verfahren, die eine Erwärmung des Speicherwassers auf etwa 20 Grad vorsehen. Eine derart ausgelegte Anlage mit einer Kapazität von etwa einem Megawatt soll demnächst auch im Bremerskamp auf dem Campus der Uni Kiel entstehen und Heizungswärme für fast 10.000 Quadratmeter Büro- und Wohnflächen liefern. Zugleich soll das System ganzjährig das universitäre Rechenzentrum kühlen. Probebohrungen für dieses im benachbarten Ausland schon recht verbreitete Verfahren werden in diesem November beginnen, in wenigen Jahren soll die Anlage in Betrieb gehen.

Anhand von Simulationen mit numerischen Modellen, aber auch mit Experimenten im Labor und praktischen Feldversuchen auf einem national einmaligen Testfeld befassen sich die Forschenden der Uni Kiel zusätzlich mit Wärmespeichern auf Basis weit höherer Temperaturen. Für Hamburg ist eine Anlage vorgesehen, die statt sonst allenfalls 400 mehr als 1000 Meter in die Erde reicht und 80 bis 90 Grad heißes Wasser speichert.

Keine Gefährdung der Mikrobiologie in der Erde zu erwarten

Unter anderem hat das KGE bereits untersucht, was passiert, wenn sich aufgrund der höheren Temperaturen naturgemäß chemische Reaktionsprozesse beschleunigen. Was mögliche Freisetzung von Schadstoffen oder auch Veränderungen der Mikrobiologie betrifft, sehen die Fachleute jedoch keine gravierenden Probleme. Wenn überhaupt, seien Veränderungen räumlich sehr eng begrenzt und außerdem meist von vorübergehender Art. Im Gegenteil betrachtet Professor Dahmke saisonale untertägige Wärmespeicher auch unter ökologischen Aspekten sogar als „eines der besten klimaneutralen Wärmeversorgungskonzepte für die Zukunft in Norddeutschland“.

Das größere Problem sind offenbar vielmehr die regulativen Hürden. Häufig wissen die Verantwortlichen in den Ämtern nach Erfahrung von Dahmke und seinem Team bisher selbst nicht genau, welche Anforderungen an solche Speicher gestellt werden sollen. „Nun liegt der Ball bei der Politik und den Behörden, damit zeitgerechte Genehmigungsverfahren möglich werden“, fordert er.

Das lange Zeit eher laue Interesse an Wärmespeichern unter Tage ist auf der anderen Seite seit Beginn des Ukraine-Kriegs „rasant gestiegen“, berichtet Professor Dahmke. Aus gutem Grund, wie er betont: „Wir werden ohne untertägige Speicher keine klimafreundliche und wirtschaftliche Wärmeversorgung zustande bringen, gerade auch mit Blick auf die größeren Städte.“ Damit Schleswig-Holstein weiter vorn bleibt bei diesem Zukunftsthema, benötige man in sehr naher Zukunft dringend eine Demonstrationsanlage, die in größerem Maßstab mit höheren Temperaturen arbeitet.