Infrastruktur: Forschung

Weniger Opfer bei Hochwasser durch Gefahrenbewusstsein

Hochwasser in in Bahrain
Sturzflut am Fluss Daral in Bahrain. © Manzoor Ahmad

Günter Blöschl und sein Team an der TU Wien beschreiben, welche Faktoren zu katastrophalen Zuständen bei Hochwasser führen

Die Hochwasser im Westen Deutschlands und Österreichs sind vorüber. Was jedoch bleibt, ist die Zerstörung, vor der ganze Städte stehen, wie zum Beispiel Hallein in Salzburg. Das Verheerende: Die Bürger*innen erfahren oft zu spät von den drohenden Unwettern und sind nicht auf die mögliche Gefahr vorbereitet. Ereignisse wie das diesjährige Hochwasser treten meist lokal auf, jedoch mit zunehmender Häufigkeit. Denn Klima und Gesellschaft verändern sich.

Gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen untersuchte Prof. Günter Blöschl von der TU Wien die Ursachen von Überschwemmungen mit desaströsen Konsequenzen und stellte Prognosen für die Zukunft auf. Die zusammenfassende Analyse veröffentlichten die Wissenschaftler*innen am 10. August in der Fachzeitschrift Nature Reviews Earth & Environment.

Gefährliche Konstellationen

Aus der Vergangenheit lernen funktioniert auch im Fall der Hochwasserforschung. Daher betrachteten Günter Blöschl und sein Team sowohl kleinere Hochwasserereignisse aus der Vergangenheit als auch katastrophale Überschwemmungen an Flüssen. „Vergleichen wir diese zwei Arten von Hochwasser, fällt direkt auf, dass sich die Mechanismen grundlegend unterscheiden“, sagt Blöschl. „Verheerende Hochwasser entstehen oft durch ein Zusammentreffen ungünstiger Faktoren, wie etwa nasse Böden und Starkregen oder lokale Gewitter und regionaler Niederschlag“. Führen nun zwei Flüsse zur gleichen Zeit Hochwasser, steigt auch die Zerstörungsgewalt der Wassermassen.

Da sich das komplexe Zusammenspiel dieser Faktoren nur schwer vorhersagen lässt, werden Hochwasserschutzbeauftragte und die Zivilbevölkerung oft vom Hochwasser überrascht. Die Schäden sind in der Konsequenz hoch und auch Leib und Leben sind in Gefahr.

Zunehmende Hochwassergefahr

Betrachtet man weltweit vergangene Hochwasserereignisse, so zeigt sich ein komplexes Bild: Je nach Region steigt oder sinkt die Hochwassergefahr. Dennoch sind sich die Expert*innen einig: Die Hochwassergefahr wird voraussichtlich für viele Regionen zunehmen – vor allem in Nordwesteuropa und in Teilen Asiens und Afrikas. „Die Ursache für diese unterschiedlichen Tendenzen sind sowohl Veränderungen verschiedener klimatischer und hydrologischer Bedingungen, als auch sozioökonomischer Faktoren, die miteinander interagieren“, erklärt Blöschl. Trends zeigen, dass sich das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum auf die Wahrscheinlichkeit von katastrophalen Hochwasserereignissen auswirken und zu einem weit verbreiteten Anstieg führen werden.

Schutz durch Gefahrenbewusstsein

Was ein Blick in die Vergangenheit ebenfalls verrät, ist, dass die Zahl der Todesopfer und der vom Hochwasser betroffenen Menschen seit Mitte der 1990er Jahre zurückgegangen ist. Grund dafür sind gezielte Maßnahmen des Hochwasserrisikomanagements. „Eine wirksame Risikominderung erfordert ein Verständnis der ursächlichen Prozesse, sowie das Schaffen eines Gefahrenbewusstseins“, erklärt Blöschl. Auch haben bauliche Vorkehrungen wesentlich zum Hochwasserschutz beigetragen. Um das Überraschungspotenzial von Hochwasser weiter zu verringern und Risiken besser einschätzen zu können, ist ein interdisziplinärer Austausch zwischen Naturwissenschaftler*innen, Ingenieur*innen und Sozialwissenschaftler*innen erforderlich.


Originalpublikation:
B. Merz, G. Blöschl et al., Causes, impacts and changes of disastrous river floods, Nature Reviews Earth & Environment, 2021.
https://doi.org/10.1038/s43017-021-00195-3