Stadtraum: Forschung

Wie Stockholm grüner wurde und was man daraus lernen kann

Stockholm
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Internationale Forschende geben Empfehlungen für die Stadtplanung der schwedischen Hauptstadt Stockholm

Anhand einer Auswertung von über 500 wissenschaftlichen Artikeln hat ein internationales Forschungsteam die Entwicklung der Metropolregion Stockholm in Schweden hin zu mehr Grün nachvollzogen. Die Forschenden, darunter die Arbeitsgruppe Umweltanalyse und Planung in metropolitanen Räumen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) von Prof. Dr. Christian Albert, leiten daraus Empfehlungen für die Stadtplanung ab. Unter anderem raten sie dazu, wissenschaftliche Expertise zu nutzen und auf Narrative zu setzen, die die Bedeutung von städtischem Grün für das menschliche Wohlergehen in den Mittelpunkt stellen. So lasse sich Rückenwind für Ideen und Maßnahmen gewinnen. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Urban Forestry & Urban Greening vom 26. April 2022.

Nur wenige Arbeiten zu realen Planungsprozessen

„Wir haben untersucht, welche Veränderungen in der wissenschaftlichen Literatur mit Blick auf Themen, Methoden und praktisch eingesetzte Arten der Planungsunterstützung wir feststellen konnten“, erklärt Dr. Blal Adem Esmail aus der RUB-Arbeitsgruppe. 574 Artikel, die die umfangreiche Forschung zu Begrünungskonzepten in Schweden widerspiegeln, flossen in die Analyse ein. „Das Augenmerk der Studien lag dabei zunächst auf Fragen der biologischen Vielfalt, später auch auf Ökosystemleistungen und in jüngerer Zeit auf naturbasierte Lösungen“, so Christian Albert. „Es gibt aber nur wenige Arbeiten, die sich mit realen Planungsprozessen befassen.“

Für die Metropolregion Stockholm kristallisierten sich Bevölkerungswachstum/Verdichtung, Grünflächenmanagement und die Erhaltung der biologischen Vielfalt als die am häufigsten behandelten gesellschaftlichen Herausforderungen heraus. Die häufigste Art von Begrünung sind Parks und (halb)natürliche städtische Grünflächen, gefolgt von Gewässern und Grünflächen in Verbindung mit sogenannter grauer Infrastruktur wie Straßen und Bahntrassen. „Insgesamt konnten wir feststellen, dass es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Begrünungskonzepten im politischen Diskurs und ihrer Übernahme in wissenschaftliche Veröffentlichungen mit Schwerpunkt auf der Raumplanungspraxis gibt“, so Blal Adem Esmail.

Empfehlungen für die Praxis

Die Forschenden leiten aus ihren Ergebnissen Empfehlungen für die Praxis ab: Erstens sollten die Planer sowohl auf das breite Spektrum an bereits vorhandenen Erkenntnissen als auch auf die etablierte Forschungs- und Praxisgemeinschaft zu Begrünungskonzepten zurückgreifen. Um diese wissenschaftlichen Erkenntnisse nutzbar zu machen, bedarf es noch der Übersetzung – eine Aufgabe, bei der auch die Wissenschaft eine entscheidende Rolle spielen kann.

Zweitens bieten die gegenwärtig entstehenden Narrative, die die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen als Beitrag zum menschlichen Wohlergehen und als Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen darstellen, viele Möglichkeiten, um Ideen und Maßnahmen populärer zu machen.

Drittens zeigte die Studie die große Vielfalt an Methoden und Daten, die bereits für die praktische Umsetzung von Begrünungskonzepten zur Verfügung stehen, einschließlich der Überwachung von Veränderungen in der biologischen Vielfalt und den Ökosystemleistungen. „Diese Methoden könnte man für Planungsanwendungen anpassen und sie in Entscheidungshilfesysteme integrieren, um den Status und die Trends von Ökosystemen und ihren Leistungen in Stockholm besser zu verstehen und Studien über zukünftige Entwicklungspfade und ihre wahrscheinlichen Auswirkungen auf Mensch und Natur zu informieren“, fasst Esmail zusammen.


Kooperationspartner
An dem Projekt beteiligt waren Teams der Ruhr-Universität Bochum (Deutschland), des Royal Institute of Technology – KTH (Schweden), der Humboldt-Universität zu Berlin (Deutschland) und der Universität Trient (Italien).


Förderung
Die Studie ist Teil des Projekts REPLAN – (re)Planning Nature-Based Solutions and Green Infrastructure for Sustainable Urban Transformations, das vom FORMAS – Swedish Research Council for Environment, Agricultural Sciences and Spatial Planning – finanziert wird. REPLAN zielt darauf ab, das Zusammenspiel von Prozessen, Akteuren und Instrumenten über Planungsebenen hinweg zu verstehen und zu erleichtern, um die schwedische Raumplanung bei der Integration von naturbasierten Lösungen und grüner Infrastruktur zu unterstützen, um menschliches Wohlbefinden zu erreichen und gleichzeitig lebenserhaltende Ökosysteme in städtischen Regionen zu bewahren.


Originalveröffentlichung
Blal Adem Esmail, Chiara Cortinovis, Lina Suleiman, Christian Albert, Davide Genelettie, Ulla Mörtberg: Greening cities through urban planning: A literature review on the uptake of concepts and methods in Stockholm, in: Urban Forestry & Urban Greening, 2022, DOI: 10.1016/j.ufug.2022.127584, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1618866722001273