Mobilität: Forschung

Bus und Bahn als Virenschleuder?

Bus und Bahn als Virenschleuder?
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Neues Forschungsprojekt vereint Infektionsschutz und klimafreundliche Mobilität

Aerosole – sie gelten als wesentlicher Übertragungsweg für das Corona-Virus. Insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist die Angst vor Ansteckung groß. Doch der Umstieg von Bus und Bahn aufs eigene Auto hat Konsequenzen: Durch den vermehrten Individualverkehr steigt die Nutzung fossiler Kraftstoffe. Das wiederum hat negative Folgen für den Klimaschutz. Und: Die Erreichung der Ziele der „ÖPNV-Strategie 2030“ des Landes Baden-Württemberg, die Fahrgastzahlverdopplung bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2010 zu erreichen, wird damit ebenfalls erschwert. Hier dockt das neue Forschungsprojekt AerÖPNV der Hochschule Heilbronn (HHN) an. Das leitende Forschungsduo bilden Professorin Jennifer Niessner und Professor Raoul Daniel Zöllner.

Das Projekt „AerÖPNV“ steht für die Ermittlung von Konzepten zur Reduktion der Aerosolpartikelbelastung im ÖPNV mit Hilfe von Strömungssimulationen und Sensornetzwerken.

„Unser Ziel ist es, Konzepte zu erarbeiten, mit denen ein bestmöglicher Infektionsschutz im ÖPNV gewährleistet ist. Nur wenn sich die Menschen im ÖPNV sicher fühlen, kann eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität gelingen“, sagt Professorin Jennifer Niessner.

Die Untersuchungen beruhen auf messtechnischen Verfahren der sogenannten „Aerosolexposition“ in Bus und Bahn. Heißt: Der Aerosol-Ist-Zustand, dem die Fahrgäste ausgesetzt sind, wird ermittelt. Es folgen Untersuchungen durch Strömungssimulationen, die die Richtung der Aerosole aufzeigen. Oberstes Ziel: Die Aerosole sollen aus dem Bereich des Einatmens wegtransportiert werden. Gemessen wird in den Heilbronner- sowie Karlsruher Straßenbahnen und in einem Wüstenroter Bus. Kooperationspartner sind der HNV, die AVG und Zügel-Reisen.

Die Ergebnisse werden gewinnbringend mit datengetriebener künstlicher Intelligenz (KI) kombiniert. „Der Einsatz der KI ermöglicht es uns, dass eingesetzte Raumluft-Reiniger optimal gesteuert werden können und dadurch nur so viel Energie verbrauchen, wie sie tatsächlich benötigen. Wir machen es uns zur Aufgabe, den besten Gesundheitsschutz für Fahrgäste mit situationsoptimaler Energieaufbringung zu verzahnen“, erläutert Professor Zöllner.

Das Forschungsduo möchte Ansätze zur Reduktion der Aerosolbelastung auch an bereits gegebenen Möglichkeiten ableiten. So werden die derzeitigen Lüftungseinstellungen oder Fensteröffnungen der „Öffis“ mit in die Untersuchungen genommen.

Das Projekt läuft bis zum 31.Mai 2023 und wird mit über einer halben Million Euro durch das MWK gefördert. Maßnahmen zur Verringerung der Aerosolbelastung waren schon längere Zeit Thema im „Expertenkreis Aerosole“ der Landesregierung Baden-Württemberg, dem Professorin Jennifer Niessner angehört.

Weitere Informationen:
Projekt AerÖPNV