Dass Deutschland eine Autofahrernation ist, zeigt sich nicht nur bei der erneut entflammten Diskussion zum Tempolimit. Auch im Hinblick auf die Parksituation in den Städten gibt sich die Bundesrepublik sehr autofahrerfreundlich: Das belegt die aktuelle Studie einer Forschungsgruppe rund um HM-Professor Andreas Humpe zu Falschparkdelikten in Freiburg.
Zugeparkte Innenstädte sind ein drängendes Problem unserer Zeit. Zu viel Individualverkehr, zu wenige Parkplätze – und diese großenteils noch gebührenpflichtig. Dieser „Parkdruck“ sorgt für entsprechende Vergehen, da er viele Autofahrer dazu verleitet zu „schummeln“, indem sie den Preis der Parkgebühren gegen die Kosten der Bußgelder abwägen. Oder sie parken einfach illegal außerhalb ausgewiesener Bereiche. Die Folgen hiervon spüren alle: zugeparkte Fuß- und Radwege sowie Ein- und Zufahrten, zudem entgangene Gebühren für die Kommunen.
Forschung zum Falschparken in Freiburg
Auch in Freiburg ist Falschparken ein großes Problem. Ein internationales Forschungsteam um Prof. Dr. Andreas Humpe von der Fakultät für Tourismus der Hochschule München (HM) nahm die Parkverstöße der Universitätsstadt im Breisgau genauer unter die Lupe. Forschungsgrundlage waren alle registrierten Parkvergehen des Jahres 2019, in Summe über 180.000 Stück. „Die Daten umfassten Ort und Zeit. Zudem lagen uns die Dienstpläne mit den Kontrollbezirken vor“, erklärt Humpe. Im Zuge der Untersuchung wurden überdies Kontrolleure bei ihren Kontrollen begleitet und befragt.
Ziel der Forschung war es, aufgrund der Kontrollhäufigkeit laut Dienstplänen und den registrierten Parkvergehen zu berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Falschparker erwischt werden und wie hoch die Zahl der Falschparker tatsächlich ist.
Hierfür haben die Forscher das Freiburger Stadtgebiet in geografische Sechsecke unterteilt. Im Anschluss wurden die zeitlich-räumlichen Wahrscheinlichkeiten berechnet, wie hoch das Risiko pro Sechseckstunde ist, beim Falschparken mit einem Bußgeld belegt zu werden. Die Ergebnisse der Freiburger Studie bestätigen: In 61,3 Prozent der im Zentrum gelegenen Sechseckstunden und in 94,4 Prozent der außerhalb gelegenen Sechseckstunden ist es wirtschaftlich vorteilhaft, keine Parkgebühren zu zahlen. „Ökonomisch gesehen rechnet es sich also häufig falsch zu parken“, bestätigt Humpe.
Gebühren, Kontrollen und Bußgelder im Gleichgewicht
Eine Tatsache, die von den Kommunen so sicher nicht gewollt ist. Eine erste Reaktion hierauf wäre es, die Kontrollhäufigkeit zu erhöhen. Dazu müsste zusätzliches Personal eingestellt werden, was zunächst die Kosten erhöht. Zudem wird es mit jedem weiteren entdeckten Falschparker aufwendiger, nochmals einen zusätzlichen zu erwischen. „Mit zunehmenden Grenzkosten wird das Entdecken weiterer Falschparker wirtschaftlich unrentabel“, so Humpe. Alternativ könnte man die Parkgebühren so stark senken, dass sich Falschparken nicht mehr lohnt. Doch dies würde den Individualverkehr nur weiterfördern, was weder politisch noch gesellschaftlich gewünscht ist. „Die einzig logische Konsequenz ist es daher, die Strafen zu erhöhen“, resümiert Humpe seine Forschungsergebnisse. Diese sind jedoch über die Bußgeldkatalog-Verordnung bundesweit geregelt, können von den Städten also nicht individuell angepasst werden.
Humpes Forschungsergebnisse bestätigen, dass der städtische Raum in einem Gleichgewicht von Gebühren, Kontrollen und Bußgeldern ausgehandelt werden könnte. Um den immer noch hohen Individualverkehr mit dem Gemeinwohl in Einklang zu bringen, müssten die Parkgebühren in Innenstädten hoch sein, die Kontrolldichte müsste ein erhebliches Entdeckungsrisiko darstellen und die Geldbußen müssten im Verhältnis zu den Gebühren höher sein.
Originalpublikation:
Gössling, S., Humpe, A., Hologa, R., Riach, N., Freytag, T.: Parking violations as an economic gamble for public space. Transport Policy 116. Elsevier. Dezember 2021. Abzurufen unter https://doi.org/10.1016/j.tranpol.2021.12.010.