Stadtraum

Im Grünen wohnen – aber mitten in der Stadt

Englischer Garten in München
Stadtbewohner schätzen ein großzügiges Angebot an gut erreichbaren Grünflächen.

Bedeutung urbaner Grünflächen wird bei der Stadtentwicklung oft unterschätzt

Stark bebaute Städte mit hoher Bevölkerungsdichte können in gesellschaftlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll sein. Es stehen immer mehr Wohnungen in Gebieten mit hoher Bebauungsdichte zur Verfügung, aber die Menschen leben lieber in Vor- und Trabantenstädten. Dies führt zu einer zunehmenden Zersiedelung der Landschaft und längeren Pendelzeiten. Zum ersten Mal hat ein internationales Team von Forschern* mit mathematischen Analyseinstrumenten und simulierten Computermodellen gezeigt**, dass ein besserer Zugang zu hochwertigen Parkanlagen, Waldgebieten und anderen Grünflächen ein Schlüsselfaktor ist, um das Leben in der Stadt attraktiver und nachhaltiger zu gestalten.

Prof. Dr. Geoffrey Caruso von der Universität Luxemburg war Mitglied des internationalen Teams. Die Forschungsergebnisse lassen erkennen, dass bei der Planung von Wohnbauprojekten bisher falsch vorgegangen wurde. „Die Kommunalpolitiker haben versucht, mehr Menschen in den Städten anzusiedeln, indem sie den Wohnungsbau mit hoher Bebauungsdichte auf nahezu jedem verfügbaren Stück Land gefördert haben. Trotzdem bleibt die Nachfrage nach geräumigeren Wohnungen in den Vor- und Trabantenstädten unverändert hoch. Anstrengungen, die unternommen wurden, um mehr Menschen in die Städte zu locken, könnten also genau den gegenteiligen Effekt gehabt haben“, stellt er fest.

Die Städteplaner haben möglicherweise die Bedeutung unterschätzt, die die Einwohner einem großzügigen Angebot an gut erreichbaren Grünflächen in Stadtgebieten beimessen. „Parkanlagen, Waldgebiete und Spielplätze in der nahen Umgebung könnten für die Menschen einen starken Anreiz bieten, in kleinere Stadthäuser und Stadtapartments zu ziehen“, so Caruso.

Für Verfechter des Stadtlebens ist das Leben in dicht besiedelten Gebieten eine Möglichkeit, die Lebensqualität zu erhöhen, weil die Menschen so weniger sozial isoliert sind und sie ihren Arbeitsplatz, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen besser erreichen können. Zudem wirkt sich das Leben in der Stadt positiv auf die Umwelt aus, weil Stadtbewohner eher zu Fuß gehen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen und weil die kleineren Wohnungen günstiger beheizt werden können. Auch ist es weniger teuer, die Stadtbevölkerung mit einem guten Nahverkehrssystem und öffentlichen Dienstleistungen zu versorgen.

Die Forscher nutzten mathematische Analyseinstrumente und Computermodelle, um die Entwicklung einer idealen Stadt mit etwa 200.000 Einwohnern zu simulieren. „Unsere Arbeit zeigt, dass ein größeres Angebot an gut erreichbaren Parkanlagen, Waldgebieten und Spielplätzen Menschen dazu bringt, sich in kleineren Häusern in der Stadt niederzulassen. Durch diese Entwicklung werden die Kosten und das umständliche Pendeln reduziert und wir konnten positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden beobachten“, sagt Geoffrey Caruso. Er empfiehlt zudem den Bau von mehr Fuß- und Radwegen, die zu den Grünanlagen führen. Die von den Forschern gewonnene theoretische Erkenntnis muss nun in einem nächsten Schritt praktisch auf die Stadtgebiete angewandt werden. Das könnte der Schlüssel zur Lösung eines der Hauptprobleme der Städteplaner sein.

Weitere Informationen:

Homepage der Universität Luxemburg

Link zur Publikation


* Geoffrey Caruso, Universität Luxemburg; Jean Cavailhès, Institut National de Recherche Agronomique, Frankreich; Dominique Peeters & Isabelle Thomas, Université catholique de Louvain, Belgien; Pierre Frankhauser & Gilles Vuidel, Université de Franche-Comté, Frankreich.

** „Greener and larger neighbourhoods make cities more sustainable! A 2D urban economics perspective“, veröffentlicht im wissenschaftlichen Journal „Computers, Environment and Urban Systems“