Stadtraum

Hitzestress in der Stadt

Schön kühl auch im Sommer
Hochhaus mit viel Grün. © Naeblys, Fotolia com

Prof. Michael Bauer erklärt, warum Abkühlung in Städten geschaffen werden muss und wie das möglich ist – etwa durch mehr vertikale Grünflächen

Michael Bauer, Drees & Sommer

Prof. Dr.-Ing. Michael Bauer. © Drees & Sommer

„Für besseres Klima und mehr Aufenthaltsqualität in deutschen Städten müssen wir höher bauen, um höhere Grünflächenanteile in Städten zu bekommen. Größere Grünflächenanteile sollten vorgeschrieben werden.“ (Prof. Dr.-Ing. Michael Bauer, Partner der Drees & Sommer SE)

1. Klimaforscher warnen aktuell vor einer sogenannten Heißzeit. Besonders in Metropolen wird es ungemütlich, wenn Hitzewellen und Trockenheit drohen. Was bedeutet das konkret für Gebäude und Städte?

„Spätestens seit diesem Sommer ist klar, wir befinden uns mitten im Klimawandel. Besonders deutlich spürt das auch die Immobilienwelt: Hier gibt es Handlungsbedarf bei Gebäudekonzepten und der Stadtentwicklung. Aufgrund der immer häufiger auftretenden lang andauernden Hitzewellen seit dem Jahrhundertsommer im Jahr 2003 kommen neue Ansätze zum Einsatz. Das führt beispielsweise dazu, dass bei großen Wohnbauprojekten heutzutage immer ein dazugehörendes Kühlungskonzept diskutiert wird. Eine mangelnde Aufenthaltsqualität in Städten und Immobilien durch Hitze ist jedoch nicht die einzige Problematik des Klimawandels. Gefahren entstehen für Städte und einzelne Hausbesitzer vor allem dann, wenn der lang ersehnte Regen kommt: Starkregen verwandelt Städte und ganze Regionen dann innerhalb von Minuten zum reißenden Fluss. Hochwasserschutz, beispielsweise durch Begrünung, sogenannte Retentionsflächen oder temporäre Regenauffangteiche, wird daher auch immer wichtiger bei Stadtentwicklungsfragen.“

2. Durch Hitzewellen sinkt die Aufenthaltsqualität in unseren Städten. Was sind die Ursachen?

„Durch die Wohnraumknappheit sind unsere deutschen Städte besonders dicht bebaut, sodass sich die Hitze im Sommer dort staut. Dass Häuser nachts durch niedrigere Außentemperaturen abkühlen, ist hier kaum mehr möglich. Eine entscheidende Rolle spielen dabei auch durch die Energieeinsparungs-Verordnung (EnEV) immer besser gedämmte Häuser. Eine gute Dämmung ist wichtig, da die Energiekosten dadurch im Winter sinken. Gleichzeitig ändert gute Dämmung das Gebäudeverhalten und hindert damit die Nachtkühlung im Sommer. Wärme hält sich länger im Gebäude und einfache Kühllösungen sind gefragt. Hier sollten Nutzer jedoch nicht auf Klimaanlagen mit hohem Energieverbrauch als klassische Nachrüstlösung zurückzugreifen, sondern auf natürliche Quellen wie die natürliche Nachtlüftung setzen. Relativ einfach werden Fußbodenheizungen im Sommer zum Kühlboden. Als speicherbehaftete Lösungen kann der Wasserkreislauf nachts bei Außentemperaturen um 16 Grad Celsius auf etwa 20 Grad abkühlen und Wärme aus den Innenräumen nach außen abtransportieren. Die Raumtemperatur bleibt so vergleichsweise lange angenehm. Auch die Decke kann im Rahmen der Bauteilaktivierung als Kühlfläche genutzt werden. Mittlerweile gibt es viele Projekte, die Geothermie nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kühlen einsetzen. In Kombination mit Sonnenschutz kann man relativ lange kostengünstig kühlen, ohne die Energieschraube nach oben zu drehen.“

3. Wie können wir Immobilien und Städten langfristig einen Hitzeschutz verpassen?

„Zwei Aspekte sollten bei der Stadtentwicklung zukünftig fester Bestandteil sein: mehr Begrünung und höhere Immobilien. Intensive Sonneneinstrahlung, hohe Temperaturen und ein enger Verdichtungsgrad in Städten begünstigen den sogenannten Wärmeinsel-Effekt, sprich höhere Lufttemperaturen in Bodennähe in den Städten. Um den Wohlfühlfaktor zu wahren, brauchen wir Stadtentwicklungskonzepte, sogenannte Green-City-Konzepte, die alle relevanten Faktoren berücksichtigen. Zur Begrünung zählen Grünstreifen, temporäre Regenteiche, begrünte Dächer oder Fassaden und Bäume als Schattenspender. Eine Vorbildfunktion übernimmt hier beispielsweise Toronto, denn dort sind begrünte Dächer für Gewerbebauten, für Wohn- und öffentliche Gebäude bereits seit 2009 vorgeschrieben – was auch für Deutschland vergleichbar mit der Energieeinsparverordnung wünschenswert wäre. Die Begrünung von Immobilien kann ganz unterschiedlich aussehen: von der kleinen Lösung, bei der Flächen des Balkons als Blumentrog genutzt werden bis hin zu grünen Wänden als Vorkonstruktion von Fassadenelementen. Green Building-Zertifizierungen fördern bereits den Grünflächenanspruch auf Dächern in Deutschland. Für weniger versiegelte Flächen, die neben dem Klima auch dem Hochwasserschutz zugute kommen, müssen wir vor allem höher Bauen. Viele deutsche Städte wie Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf machen es mit aktuellen Wohnhochhausprojekten bereits vor. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, es entstehen auch wirtschaftliche Vorteile.“


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