Elektrofahrzeuge werden zunehmend nicht mehr per Kabel, sondern mittels induktiver Ladesysteme mit Strom versorgt. Die Ladung erfolgt über ein Magnetfeld, das von einer Ladespule im Parkplatzboden erzeugt und nach dem Transformatorprinzip auf eine Empfängerspule am Unterboden des Autos übertragen wird. Damit das funktioniert, muss der Fahrer das Auto so parken, dass beide Spulen exakt übereinander liegen. Ohne ein adäquates Assistenzsystem ist dies so gut wie unmöglich – doch gerade daran fehlte es bisher. Am Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen (IVK) der Universität Stuttgart wurde nun ein Verfahren entwickelt, das eine zentimetergenaue Positionierung erreicht.
Induktive Ladesysteme haben den Vorteil, dass im Auto kein Kabel mitgeführt werden muss, und sind zudem sicherer gegen Vandalismus. Die Suche nach einem Positionierungsverfahren, das eine präzise Lokalisierung der Ladespule ermöglicht und somit den Fahrer beim Ausrichten des Fahrzeugs unterstützt, brachte jedoch trotz mehrjähriger Forschung und verschiedener technologischer Ansätze bisher keine befriedigenden Lösungen. Entweder waren die Verfahren ungenau, unausgereift und teuer, oder sehr anfällig gegenüber Wettereinflüssen.
Dean Martinovic hat nun im Rahmen seiner Doktorarbeit am IVK unter Leitung von Prof. Hans-Christian Reuss ein neues magnetfeldbasiertes Verfahren entwickelt und patentiert, mit dem ein Fahrzeug so punktgenau platziert werden kann, dass die Position der beiden Spulen um weniger als einen Zentimeter differiert. In dem Projekt „BIPoLplus“, das im Rahmen des Spitzenclusters „Elektromobilität Süd-West“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert sowie vom Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS) unterstützt wird, nutzt er anstelle des bisher üblichen sinusförmigen Magnetfeldes erstmals ein gepulstes magnetisches Feld niedriger Frequenz. Auf diese Weise lassen sich störende Wechselwirkungen mit dem metallischen Unterboden des Elektrofahrzeugs vermeiden. Spezielle hochempfindliche Magnetfeldsensoren, die direkt am metallischen Unterboden des Elektrofahrzeugs angebracht sind, tasten das magnetische Pulssignal ab und senden die Informationen an ein Steuergerät im Fahrzeug. Ein speziell entwickelter Algorithmus berechnet anschließend selbständig – ohne jegliche Kommunikation mit der signalgebenden Elektronik im Parkplatz – die Position der Ladespule. Diese wird dem Fahrer schließlich mithilfe einer 3D-Applikation auf einem Tablet im Cockpit angezeigt, das den Fahrer bei der präzisen Ausrichtung des Fahrzeugs unterstützt. Der Fahrer kann hierbei seine Bewegung in Echtzeit verfolgen. Der aktuelle Prototyp nutzt zwei Magnetfeldsensoren, welche die Position zuverlässig anzeigen, sobald sich die beiden Spulen auf einen Abstand von 1,5 Metern genähert haben.
Gegenüber anderen physikalischen Größen besitzt das Magnetfeld erhebliche Vorteile: Es unterliegt beispielsweise keiner Dämpfung bei der Durchdringung von Materialien und wird im Gegensatz zu Elektromagnetischen Wellen (WLAN, RFID etc.) nicht reflektiert. Da keine Sichtverbindung zwischen Sensor und Signalquelle benötigt wird, ist es anders als optische Systeme unabhängig von Wettereinflüssen wie Schnee oder Nebel. Daher ist der Ansatz sowohl für den Einsatz in der heimischen Garage, als auch im Außenbereich geeignet. Das Verfahren funktioniert für jedes Fahrzeug und ist zudem kostengünstig, da im Gegensatz zu anderen Lösungen lediglich zwei sehr kleine, platzsparende und günstige Magnetfeldsensoren genutzt werden. Ob die Autos vorwärts oder rückwärts eingeparkt werden und ob sie beim „Betanken“ neben- oder hintereinander stehen, spielt keine Rolle: Alle Parkmodelle werden durch das Verfahren unterstützt.
Künftig soll das System noch besser werden: Weitere Arbeiten am IVK zielen auf eine Vergrößerung des Positionierungsbereichs und auf die Optimierung der Signalverarbeitung.
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