Stadtraum: Forschung

Infektionen im Krankenhaus durch innovative Baukonzepte verhindern

Bauliche Maßnahmen im Krankenhaus
In der Notaufnahme kommen viele Patientinnen und Patienten mit zunächst ungeklärtem Infektionsstatus zusammen. © IKE/TU Braunschweig

Interdisziplinäres Team forscht im Rahmen des Projekts InnoBRI zur optimierten Patientenversorgung im Krankenhaus

Immer mehr Patientinnen und Patienten erkranken an einer sogenannten nosokomialen Infektion, also einer Infektion, die sie während eines stationären Krankenhausaufenthaltes erworben haben. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen und die Gesellschaft. Doch welche Möglichkeiten gibt es, eine Infektionsübertragung im Krankenhaus zu vermeiden? Eine Frage, die in Zeiten einer Pandemie noch einmal besondere Bedeutung erhält. Hier setzt das Projekt InnoBRI an, an dem das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der Technischen Universität Braunschweig beteiligt ist.

Das Verbundprojekt erforscht, welche baulichen Maßnahmen im Krankenhaus dazu beitragen können, die Übertragung von Krankheitserregern zu vermindern und Infektionen zu verhindern. Dazu gehören die Auswahl von Material und Oberflächen ebenso wie räumliche Strukturen, die bestimmte Arbeitsabläufe des medizinischen Personals bestimmen oder auch die Art und Anzahl der für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellten sanitären Anlagen. Neben der Auswahl dieser sogenannten baulichen Interventionen zur Infektionsunterbrechung wollen die Projektpartner auch ihre Effektivität berechnen – für möglichst einfache, praxisnahe, Kosten-Nutzen-effiziente bauliche Lösungen. Um diese komplexe Aufgabe zu meistern, arbeiten in dem Projekt Architektinnen und Architekten mit Expertinnen und Experten für Krankenhaushygiene, Infektiologie, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie zusammen.

Untersuchen will das Forschungsteam zum Beispiel die Notaufnahme, da hier in Stoßzeiten viele Patientinnen und Patienten mit zunächst ungeklärtem Infektionsstatus zusammentreffen. Diese durchlaufen innerhalb kürzester Zeit viele räumliche Bereiche, wie die Anmeldung, die Wartezone, Untersuchungs- und Behandlungsräume sowie spezielle Diagnostikbereiche. Bei diesen Stationen treffen die Patientinnen und Patienten auch immer wieder auf wechselndes medizinisches Personal. Während des Bewegungs-Szenarios auf kleinem Raum können vielfältige Übertragungsereignisse stattfinden. Hier setzt InnoBRI an: Zum einen geht es darum, hygienerobuste Materialien und Oberflächen auszuwählen. Zum anderen wollen die Expertinnen und Experten untersuchen, wie zum Beispiel räumliche Strukturen bestimmte Arbeitsabläufe des medizinischen Personals aus infektionspräventiver Sicht unterstützen oder die Zuweisung räumlicher Bereiche für besondere Personen innerhalb eines Infektionsgeschehens die Übertragungsraten senken können.

Auf Basis einer systematischen Literaturanalyse und Beobachtungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Daten aus mikrobiologischen Übertragungsstudien sowie standardisierten Interviews mit Nutzerinnen und Nutzern sowie Expertinnen und Experten will das Team mögliche bauliche Interventionen identifizieren und in Parameterwerte überführen. In Simulationsstudien überprüfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deren Effektivität.

Diese neue methodische Herangehensweise hebt der Konsortialsprecher des Forschungsverbundes Dr. Jan Holzhausen vom IKE der TU Braunschweig besonders hervor: „Mit der Simulation der Effektivität der baulichen Maßnahmen haben wir erstmals eine Möglichkeit entwickelt, die Wirksamkeit unseres Entwurfes zum Beispiel einer Krankenhaus-Station, auf ihre potenzielle Eigenschaft der Infektionsprävention zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern.“

Die Ergebnisse werden in Muster-Baukonzepte überführt und als Planungsempfehlungen für Krankenhäuser aufbereitet. Diese können später den Bundesländern als Grundlage für eine Standardisierung Kosten-Nutzen-effizienter Krankenhausneubauten dienen.


Projektdaten
Das Projekt InnoBRI (Optimierte Patientenversorgung durch innovative Baukonzepte zur Reduktion nosokomialer Infektionsübertragungen) wird bis März 2023 mit rund 1,5 Millionen Euro aus Mitteln des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert. Die Projektkoordination hat das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der TU Braunschweig übernommen. Verbundpartner sind das Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, das Institut für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Universitätsmedizin Göttingen sowie das Center for Health Economics Research der Leibniz Universität Hannover.