Die Nitratwerte unseres Grundwassers gehören zu den höchsten in der gesamten Europäischen Union. Hauptursache dafür ist, dass die Felder mit Fäkalien aus der Massentierhaltung überdüngt werden: Eine „Gülledusche“ von 200 Millionen Tonnen geht jährlich über deutschen Wiesen und Äcker nieder, mit der Folge, dass bei einem Drittel der Messstellen für die Grundwasserqualität Nitratalarm herrscht. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben jetzt ein sehr einfaches Verfahren entwickelt, verschmutztes Drainagenwasser aus der Landwirtschaft im großen Stil zu reinigen.
Eigentlich hätte sich das Grundwasser nach den EU-Richtlinien bis spätestens Anfang 2015 in einem „guten Zustand“ befinden müssen und die Nitratwerte 50 Milligramm pro Liter nicht mehr überschreiten dürfen. Laut dem jüngsten Nitratbericht, den die Bundesregierung alle vier Jahre vorlegt, beeinträchtigen Düngemittel in der Landwirtschaft die Gewässerqualität in Deutschland indessen nach wie vor massiv, Anzeichen für eine Verbesserung gibt es kaum. Bei den verbliebenen Moorflächen, die eine wichtige Rolle für den natürlichen Wasserhaushalt und bei der Bindung schädlicher Treibhausgase spielen, sieht es sogar noch schlechter aus: „Der überwiegende Teil der Moorflächen ist geschädigt“, sagt Victoria Grießmeier vom Institut für Angewandte Biowissenschaften (IAB) des KIT.
Um zu verhindern, dass verschmutztes Abwasser von landwirtschaftlichen Flächen ins Grundwasser oder angrenzende Schutzgebiete gelangt, erprobt die Biologin derzeit eine revolutionäre Filtermethode: „Das Verfahren sollte technisch einfach sowie wenig arbeitsaufwendig sein und autark funktionieren“, beschreibt sie die Anforderungen. In ihrer Versuchsanlage in der Vulkaneifel wird das Moor Mürmes mit einem unterirdischen Becken von umgebenden Feldern abgeschirmt. Darin befinden sich Mikroorganismen, die das im eindringenden Schmutzwasser befindliche Nitrat in Luftstickstoff (N2) umwandeln. „Dieser entweicht als Gas und ist für das Klima unschädlich“, sagt Grießmeier.
„Neu ist das Prinzip der Denitrifikation in Kläranlagen nicht“, so Grießmeier weiter. „Das Besondere hier ist aber, dass die Anlage im Freiland komplett autark läuft ohne Zugabe einer künstlich zugesetzten Kohlenstoffquelle wie zum Beispiel Methanol“, das in kommunalen Kläranlagen häufig eingesetzt wird. Bei reduzierter Sauerstoffzufuhr benötigen die Bakterien lediglich natürliches „Futter“ wie Holzhackschnitzel, Stroh oder Grünabfälle, die nur in großem zeitlichen Abstand aufgefüllt werden müssen. Zwar gebe es durchaus auch andere Methoden der Nitratentfernung wie Nanofiltration oder Elektrodialyse, diese seien aber nicht biologisch und für einen autarken Einsatz im Freiland im Vergleich zur Denitrifikation aufwendiger und kostenintensiver, sagt Grießmeier.
Bei mäßigen Zuflussmengen und Nitratkonzentration von 100 bis 150 Milligramm pro Liter, dem Dreifachen des Grenzwertes, konnte die 180 Quadratmeter große Versuchsanlage das gesamte Nitrat aus dem Wasser entfernen. In welchem Ausmaß solche Anlagen gebaut werden müssten, um das deutsche Nitratproblem flächendeckend zu lösen, und welche Nebenprodukte entstehen, müssten weitere Versuche zeigen, sagt Grießmeier.
Hintergrundinformation:
Nitratbericht 2016 – Gemeinsamer Bericht der Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie für Ernährung und Landwirtschaft