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Reallabore: Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Partizipation

Reallabore: Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Partizipation
© Tim Gouw on unsplash

Netzwerk „Reallabore der Nachhaltigkeit“ zur Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für ein Reallabore-Gesetz

Das Netzwerk „Reallabore der Nachhaltigkeit“ und das Wuppertal Institut als Gründungsmitglied des Netzwerks begrüßen die Erarbeitung eines bundesweiten Reallabore-Gesetzes, wie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) angeregt, schlägt aber wesentliche Ergänzungen vor – etwa bei der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit, harmonisierten Mindeststandards und Partizipation der Zivilgesellschaft.

Das Netzwerk als Zusammenschluss von mehr als 50 Organisationen der deutschsprachigen Reallabor-Community mahnt in einer aktuellen, innerhalb des Netzwerks gemeinschaftlich erarbeiteten Stellungnahme insbesondere an, dass Ergebnisoffenheit und der gesellschaftliche Diskurs bei der Erprobung von technischen und sozialen Innovationen in Reallaboren nicht vernachlässigt werden dürfen. „Reallabore bieten Orte zum konstruktiven Streiten und Lernen sowie zur konkreten Mitgestaltung in einer gelebten Demokratie“, betont Mitautorin der Stellungnahme Dr. Franziska Stelzer, Senior Researcherin im Forschungsbereich Innovationslabore und langjährige Reallaborforscherin am Wuppertal Institut. „Solche Reflexions- und Gestaltungskompetenzen sind wesentliche Voraussetzungen für eine gemeinsame Zukunftsgestaltung und gelingende Transformation.“

Konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit

Das Netzwerk hebt zudem hervor, dass wirksame Reallabore grundlegende Charakteristika erfüllen müssen, um ihr volles Potenzial entfalten zu können. Die im Grünbuch Reallabore des BMWK genannten übergreifenden Standards sollten deshalb um Kriterien ergänzt werden, wie zum Beispiel Forschungsorientierung: Reallabore dienen auch dazu, neues Wissen zu erzeugen; Akteursvielfalt und Partizipation: vielfältige Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und vor allem der Zivilgesellschaft werden angemessen einbezogen; Labor-Charakter: Reallabore sind Räume für gesellschaftliche Experimente, die ergebnisoffen und reversibel durchgeführt werden; sowie Bildung: Reallabore dienen als transdisziplinäre Lern- und Bildungsräume.

Das Netzwerk betont insbesondere die konsequente Orientierung von Reallaboren an Nachhaltigkeitszielen für die gesetzliche Ausgestaltung der Experimentierräume. So sollte im Reallabore-Gesetz verbindlich verankert werden, dass Reallabore Nachhaltigkeit als erste Prämisse für das Erproben von Innovationen setzen.

„Reallabore sollten sich am Konzept der starken Nachhaltigkeit orientieren und wirtschaftliche und soziale Innovationen im Rahmen planetarer Grenzen ermöglichen“, fordert Dr. Oliver Parodi, Sprecher des Netzwerks „Reallabore der Nachhaltigkeit“. “Alles andere wäre nicht nur unzeitgemäß, sondern auch politisch unverantwortlich. Nicht zuletzt auch, weil der Koalitionsvertrag der Bundesregierung das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen einfordert.“

Partizipation für eine starke Beteiligung von Zivilgesellschaft

Weltweit sind Reallabore und ähnliche „Labs“ in den letzten Jahren zu einer wichtigen Einrichtung in der transdisziplinären und transformativen Forschung und Praxis geworden. In ihnen können innovative Ideen und neue gesellschaftliche Praktiken konkret und praxisnah entwickelt, erprobt und erforscht werden. Damit werden Reallabore zu Inkubatoren des Wandels und können zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft beitragen.

Wichtigster Pluspunkt von transdisziplinär angelegten Reallaboren ist dabei die Interaktion von sektor-, branchen-, disziplinen- und technologieübergreifend arbeitenden Akteuren und Akteurinnen. Das Reallabore-Gesetz und der geplante One-Stop-Shop Reallabore – also eine zentrale Anlaufstelle für die Beratung der Praxis, Wissenssammlung und Wissenstransfer in die Gesetzgebung – sollten dabei die Rolle der Zivilgesellschaft weiter stärken. Dazu gehört neben einer adäquaten Ansprache auch die verstärkte finanzielle Förderung ihrer Arbeiten im Reallabor.

Über das Netzwerk „Reallabore der Nachhaltigkeit”

Das Netzwerk „Reallabore der Nachhaltigkeit“ umfasst 50 Organisationen sowie über 80 aktive und abgeschlossene Reallabore im deutschsprachigen Raum. Die Akteur*innen im Netzwerk arbeiten seit mehr als zehn Jahren in und zu Reallaboren. Sie haben sowohl den theoretischen Diskurs als auch die Verwirklichung von Reallaboren maßgeblich mitgeprägt und in diesem Zeitraum wichtige Beiträge zur Entwicklung, Umsetzung, Rahmensetzung und Förderung von Reallaboren geleistet.

Herausgebende Institutionen der Stellungnahme zur Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für ein Reallabore-Gesetz sind: Ecological Research Network (Ecornet), Frankfurt University of Applied Sciences (FRA UAS), Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Leuphana Universität Lüneburg, Öko-Institut, Wuppertal Institut sowie weitere Akteur*innen des Netzwerks „Reallabore der Nachhaltigkeit“.

Weitere Informationen:
Stellungnahme des Netzwerks „Reallabore der Nachhaltigkeit“ zur Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für ein Reallabore-Gesetz
Netzwerk „Reallabore der Nachhaltigkeit“