Stadtraum: Projekte

Turbulenzen, aufgeheizte Dächer, Abgase und Ultrafeinstaub

Turbulenzen, aufgeheizte Dächer, Abgase und Ultrafeinstaub
Meteorologische Messungen am Mathegebäude. © TU Berlin/Institut für Ökologie

Zweite Intensivmesskampagne des 13-Millionen-Euro-Programms „Stadtklima im Wandel“ des BMBF rund um den Campus der TU Berlin – 20. Juli bis 4. August 2017

Erst im Juni 2017 konnte man interessante Klimaphänomene in Berlin beobachten: Hitzewellen wechselten sich mit Starkniederschlägen ab. Die Metropole stand zeitweilig unter Wasser. Seit gut einem Jahr untersuchen derweil Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen von sich verändernden Klimaphänomenen auf das Stadtklima innerhalb des mit 13 Millionen Euro geförderten BMBF-Programms „Stadtklima im Wandel [UC]²“ („Urban Climate under Change“). Jetzt werden mit einer Intensivmesskampagne Daten unter anderem zu Temperaturen, Luftfeuchtigkeit oder der Verbreitung von Ultrafeinstaub erhoben. Unbemannte Flugobjekte wie Gleiter und Multikopter werden unter anderem über dem TU-Campus dem Dahlemer und dem Tempelhofer Feld kreisen.

Messstation

Aufbau der Messstation hinter der Mensa. © TU Berlin/Institut für Ökologie

„In dem Programm wollen wir Instrumentarien entwickeln, die helfen, den Herausforderungen der klimatischen Bedingungen zu begegnen und die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu bewältigen“, erläutert Dr. Ute Fehrenbach, Wissenschaftlerin am TU-Fachgebiet Klimatologie. Sie koordiniert die Intensivmesskampagne mit, die zwischen dem 20. Juli und dem 4. August 2017 rund um die TU Berlin auf dem Campus Charlottenburg sowie auf dem Dahlemer und Tempelhofer Feld stattfindet. Die Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel [UC]²“ wird von dem TU-Klimatologen Prof. Dr. Dieter Scherer koordiniert, der gleichzeitig eines der vier Module mit 14 Teilprojekten innerhalb des Verbunds leitet.

Messungen zu Fuß, per Fahrrad, per Bus, Mast und in der Luft

In dieser zweiten von vier Intensivmesskampagnen liege der Schwerpunkt, so Ute Fehrenbach, neben der Messung von Wind, Turbulenz, Lufttemperatur und -feuchte sowie der Ausbreitung von Luftschadstoffen – dieses wurde auch bereits im Winter gemessen – auf der Erhebung von Daten zu Oberflächentemperaturen auf Wänden, am Boden, auf Dächern und verschiedenen Materialien sowie auf der Messung humanbiometeorologischer Variablen wie zum Beispiel Strahlung. Das ist speziell für den Sommer relevant, da Hitzetage oder Hitzewellen zu gesundheitlichen Belastungen für den Menschen führen.

Beteiligt an den Messungen sind die drei Berliner Universitäten TU Berlin, FU Berlin und HU Berlin, die TU Braunschweig, die Universität Augsburg, die Leibniz Universität Hannover, die Universität Dresden, der Deutsche Wetterdienst sowie das Forschungszentrum Jülich und das IASS Potsdam. Eingesetzt werden hochauflösende, hochgenaue Instrumente, die in Messbussen installiert werden oder per Fahrrad und zu Fuß mit einem Spezialrucksack transportiert werden sowie temporäre Messmasten und unbemannte Flugsysteme. „Wir benötigen dreidimensionale atmosphärische Datensätze, die es ermöglichen das zu entwickelnde Stadtklimamodell auf seine Leistungsfähigkeit hin zu testen und zu beurteilen“, so Ute Fehrenbach. „Außerdem sollen die Datensätze für spezifische Anwendungen z. B. in der Stadtplanung und der Luftqualitätskontrolle eingesetzt werden.“

Messungen in allen Höhenlagen

Messungen in allen Höhenlagen: Auch Multikopter werden eingesetzt. © Leibniz Universität Hannover, Holger Schilke

Wo sammeln sich Ultrafeinstaub, Kohlendioxid und Ozon?

Die erste Intensivmesskampagne im Januar und Februar dieses Jahres hatte zu interessanten Ergebnissen zu verschiedenen Fragestellungen und Problemen des Stadtklimas geführt. Mit unbemannten Flugsystemen wie Gleitern der Universität Augsburg und Multikoptern der Leibniz Universität Hannover wurden die Temperaturverhältnisse vom Boden bis in 250 Meter Höhe gemessen. Hierbei wurden in Innenstadtbereichen in Bodennähe zeitweise deutlich höhere Temperaturen gemessen als gleichzeitig über dem Dahlemer Feld im Grunewald. In größerer Höhe unterschieden sich die Temperaturen jedoch nicht stark.

Bei Windmessungen stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der Straße des 17. Juni einen klaren Kanalisierungseffekt fest, durch den Winde aus diversen Himmelsrichtungen so umgelenkt werden, dass sie in Bodennähe fast ausschließlich aus Ost und West kommen, also entlang der Ausrichtung der Straße. In der Nähe von Gebäuden wie der großen Mensa auf dem TU-Campus wurden Wirbel entdeckt, die entstehen, wenn der Wind auf eine Gebäudewand trifft und so umgelenkt wird, dass er seine Richtung um 180° dreht.

Auch zur Reichweite von Verkehrsemissionen, dem Zusammenhang zwischen Verkehrsaufkommen und Ultrafeinstaub sowie dem Einfluss des Windes auf Ultrafeinstaubpartikel erzielten sie Ergebnisse durch Messungen der Partikelzahl- und Größenverteilung von Ultrafeinstaub und Feinstaub. Ebenso wurde die winterliche regionale Hintergrundbelastung von Stickstoffmonoxid und -dioxid (NO, NO2), Ozon (O3), Kohlenmonoxid und -dioxid (CO und CO2) vor der Stadt bestimmt.

Weitere Informaionen:
www.uc2-program.org

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert dieses Projekt als Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA)
www.fona.de