Stadtraum: Projekte

Urban Design Thinking als Reallabor für Ko-Produktion statt Beteiligung

Urban Design Thinking
© pixabay

Zukunftsstadt gemeinsam gestalten – geht das? Veranstaltung zur Nachhaltigen Stadtentwicklung mit der Methode Urban Design Thinking in Mannheim

Im Rahmen des dritten Urban Thinkers Campus in Mannheim diskutierten am 25. Oktober 2019 rund 50 Stadtforscher und Stadtentwickler aus Wissenschaft und Praxis darüber, ob und wie mit experimentellen Formaten, sogenannten Reallaboren, Transformationsprozesse für nachhaltigere Städte in Gang gesetzt werden können. Eingeladen hatte das Team des Forschungsprojekts „Migrants4Cities“, die dies mit dem Urban Design Thinking in Mannheim ausprobiert haben, und das Team des Synthese- und Vernetzungsprojekts „SynVer*Z“, das die Zusammenarbeit von knapp 50 Verbundprojekten aus den Förderlinien „Nachhaltige Transformation urbaner Räume“ und „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“ koordiniert.

Im Zusammenhang mit der nachhaltigen Transformation von Städten ist öfter von Reallaboren die Rede. Das sind auf Zeit angelegte Experimentierräume, um städtische Veränderungsprozesse zu erforschen. So kann „ganz real“ und im Zusammenspiel mit den Akteuren vor Ort erprobt werden, wie bestimmte Maßnahmen wirken. Reallabore werden oft von der Stadtforschung initiiert.

Im Projekt Migrants4Cities wurde mit der Methode Urban Design Thinking gearbeitet. Dabei werden urbane Innovationen nicht von Planern erdacht oder durch Technologien getrieben, sondern ko-produktiv von Stadtbewohnern für Stadtbewohner und gemeinsam mit Fachleuten erarbeitet. Der Bedarf der Menschen vor Ort ist Ausgangspunkt für die Ausarbeitung und Umsetzung passender Lösungen.

„Das ist in Mannheim tatsächlich gelungen, u.a. beispielsweise mit der prototypisch umgesetzten Arbeitsbox für das flexible Arbeiten im Grünen“, betonte Prof. Elke Pahl-Weber, die die Methode an der TU Berlin entwickelt hat, in ihrer Keynote. „Je grundlegender allerdings die für eine klimafreundliche Stadt nötigen Regel- und Verhaltensänderungen sind, desto herausfordernder sind auch die Aushandlungsprozesse, dies hat sich beispielsweise beim Thema nachhaltige Mobilität gezeigt,“ führte sie weiter aus.

„Ist mit Bürger*innen eine substanzielle Nachhaltigkeitswende also überhaupt zu erwarten?“, fragte Moderatorin Dr. Susanne Schön vom inter 3 Institut für Ressourcenmanagement die Anwesenden. Bei der lebhaften Debatte darüber, inwieweit grundlegende Regel- und Verhaltensänderungen durch partizipative, ko-produktive Verfahren angestoßen werden können, kamen neben Erfahrungen aus „Migrants4Cities“ zahlreiche Wissenschaftler*innen sowie kommunale, private und zivilgesellschaftliche Akteure aus ähnlichen Vorhaben zu Wort.

Nach dem Reallabor – Ergebnisse und Netzwerke ins reale Leben bringen

Im zweiten Teil des Panels stand die Frage im Zentrum, wie es mit den Ergebnissen und geschaffenen Strukturen nach dem Ende solcher Projekte weitergeht. Inwiefern gelingt es, lokale Netzwerke so aufzubauen, dass sie über die zeitliche Begrenzung hinaus Bestand haben und Wirkungen für die Stadtentwicklung entfalten? Was passiert beispielsweise mit der „Arbeitsbox“, wer aus dem Kreis der Beteiligten wird die entwickelte Lösung weiter umsetzen und für Mannheim nutzbar machen? „Der Anspruch von Reallaboren und anderen, ähnlichen experimentellen Formaten, die in der Stadtforschung und -entwicklung eingesetzt werden, ist es häufig, nicht nur neue Lösungen zu entwickeln, sondern auch Akteursnetzwerke aufzubauen und Lernprozesse zu kreieren“, hob Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik hervor. „Doch ob und wie dies gelingt, damit beschäftigen sich die Beteiligten bisher noch nicht wirklich systematisch.“

Es stellt sich also die Frage, welchen Gewinn die Kommunen und andere Akteure in Stadt und Quartier aus der Mitwirkung an einem Reallabor letztlich ziehen und wie sich dieser bewerten lässt. Christian Hübel, Leiter des Fachbereichs Demokratie und Strategie der Stadt Mannheim, brachte die Sichtweisen vieler der Teilnehmer*innen in der anschlie-ßenden Debatte auf den Punkt: „Dreh- und Angelpunkt ist der Übergang vom Labor in die politische und administrative Praxis. Dafür braucht es Kümmerer und definierte ‚Einflugschneisen‘.“


Mehr Informationen zum Projekt Migrants4Cities
Das Projekt „Willkommene Perspektiven – Migrants4Cities“ ging in einem zweijährigen Workshop-Prozess der Frage nach, wie Mannheimer Bür-ger*innen in Zukunft wohnen, arbeiten, mobil sein und zusammenleben wol-len und ob Mannheimer*innen mit internationaler Biografie hierbei aufgrund ihrer speziellen Erfahrungen und Kenntnisse auf neue Ideen kommen. Gemeinsam mit Vertreter*innen aus Stadtverwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft entwickelten sie neue und ganz praktische Ideen für Mannheim, die nun Schritt für Schritt mit verschiedenen Partnern aus der Stadt umgesetzt werden. Ein Ergebnis ist beispielsweise die Arbeitsbox, ein Outdoor-Office, das im Grünen oder auf Plätzen aufgestellt werden kann und eine Arbeitsinfrastruktur im Freien zur Verfügung stellt. Zur Umsetzung dieser Lösung gab es bereits einen Design-Wettbewerb und es wurde in Zusammen-arbeit mit der regionalen Handwerkskammer ein Teil der „Arbeitsbox“ als Prototyp gebaut.
Aktuelle Informationen zum Projekt „Migrants4Cities“