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Versorgung mit Lebensmitteln im Notfall

Versorgung mit Lebensmitteln im Notfall
© Th G auf Pixabay

Forschungsprojekt stellt Leitfaden zur Notfall-Versorgung durch öffentlich-private Synergien für Behörden zur Verfügung

Daten austauschen, Reserven dezentralisieren, Supermärkte ins Boot holen und einen gemeinsamen öffentlich-privaten Arbeitskreis einrichten: Ein Forschungsprojekt der Technischen Universitäten in Freiberg, Dresden und Karlsruhe sowie der Logistikberatung 4flow AG untersuchte, wie Behörden und Unternehmen in Krisenfällen effektiver zusammenarbeiten können, um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Ihre Ergebnisse stellen die Forschenden nun als Leitfaden interessierten Behörden zur Verfügung.

Stromausfall, Naturkatastrophe oder Pandemie: In einer akuten Krise kommt es bei der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, Lebensmitteln und Medikamenten vor allem auf eine sichere und effiziente Logistik an. Das bisherige Konzept für die Ernährungsnotfallvorsorge stammt aus den 1960er Jahren und sieht zentrale staatlich verwaltete Lager für haltbare Grundnahrungsmittel vor. Eine Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privaten Firmen ist darin bisher nicht vorgesehen.

„Dabei könnte so eine Zusammenarbeit im Krisenfall der Schlüssel zu flexibleren und effektiveren Logistikketten sein“, sagt Prof. Marcus Wiens von der TU Bergakademie Freiberg. „Teilen private Akteure, insbesondere Supermärkte, ihre tagesaktuellen Verkaufs- und Nachfrage-Statistiken mit den Behörden können diese schneller reagieren, Störungen frühzeitig erkennen und damit Bedarfe der Bevölkerung besser decken. Würde zur Verteilung von Lebensmitteln außerdem das erprobte Lager- und Filialnetz genutzt werden, kämen die benötigten Güter näher an die Menschen“, so der Professor für Innovations- und Risikomanagement. „Über IT-Schnittstellen hätten Behörden im Notfall Zugang zu diesen Daten sowie zu privaten Supermarkt-Lagern.“

Simulation von Logistikketten liefert Voraussagen für möglichen Erfolg

Zu den Ergebnissen gelangte das Team mithilfe der Spieltheorie, dem Ansatz der logistischen Optimierung, rechtswissenschaftlichen Analysen sowie Befragungen von interessierten Supermärkten und Behörden. „Wir untersuchten unter anderem, wie die Interessen privater und öffentlicher Akteure bestmöglich berücksichtigt werden können. Die Forschungsmethoden erlauben es außerdem, Modelle für robustere Logistikketten sowie Ansätze zur optimierten Verteilung der Lebensmittel im Krisenfall zu entwickeln“, erklärt Prof. Marcus Wiens.

Die Empfehlung der Forschenden: Ein ständiger Arbeitskreis aus öffentlichen und privaten Akteuren, in dem sie regelmäßig Know-how und Erfahrungen mit neuen Risikolagen austauschen und für die Weiterentwicklung der Ernährungsnotfallvorsorge nutzen. Die Ergebnisse stellt das Team nun Politik, Wirtschaft und Verwaltung in einem Leitfaden zur Verfügung.

Originalpublikation


Hintergrund: Forschungsprojekt „Skalierbare Notfall-Logistik für urbane Räume als öffentlich-private Partnerschaft im Katastrophenfall“ (NOLAN)
Ziel des Projekts NOLAN ist es, ein ganzheitliches Konzept einer Notfalllogistik zu entwickeln. Durch die Zusammenarbeit von Behörden und privaten Unternehmen soll sowohl die Grundversorgung der Bevölkerung als auch der Informationsfluss zwischen den Akteuren sichergestellt werden. Parallel werden Rahmenbedingungen für eine Krisenkooperation zwischen Behörden und Unternehmen erarbeitet und hinsichtlich ihrer juristischen Ausgestaltung und Umsetzbarkeit geprüft. Neben der TU Bergakademie Freiberg sind die Technischen Universitäten in Dresden und Karlsruhe, die 4flow AG sowie weitere assoziierte Partner beteiligt. Diese sind: Nestlé Deutschland AG, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, das Regierungspräsidium Stuttgart (Katastrophenschutz), Landratsamt Ludwigsburg (Infrastruktur und Katastrophenschutz), die Spedition Ansorge GmbH & Co. KG, die Beratungsfirma Deloitte sowie der Bundesverband zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI).