Daten der Universität Freiburg für alle Stadtteile sind jetzt über eine App in Echtzeit abrufbar | Ein Schwerpunkt des Messnetzes liegt auf der Hitzebelastung der Freiburger Bevölkerung und Unterschieden innerhalb des Stadtgebiets. Die Stadt Freiburg unterstützt das Projekt und will die Messergebnisse auch selbst nutzen | • Die Daten bilden die Grundlage für mehrere Forschungsprojekte an der Universität Freiburg zu Klimaforschung und Anpassungsmöglichkeiten von Städten. „Freiburg wird damit zum Testfeld für Stadtklima-Modelle“, sagt Umweltmeteorologe Prof. Dr. Andreas Christen
Im Freiburger Stadtteil Zähringen tobt ein Gewitter, im Rieselfeld hingegen fällt kaum ein Tropfen Regen. In Littenweiler kühlt ein angenehmer Höllentäler den heißen Sommerabend, im Industriegebiet Nord ist von dem Wind nichts zu spüren. „Innerhalb einer Stadt wie Freiburg gibt es große Unterschiede bei Wetter und Klima – diese werden bisher aber kaum erfasst und auch in Modellen etwa zu Extremereignissen wie Hitzestress oder Überflutungen wenig berücksichtigt“, sagt Prof. Dr. Andreas Christen, Professor für Umweltmeteorologie an der Universität Freiburg. Das soll nun ein Netz von gut 40 Messstationen im Freiburger Stadtgebiet und der näheren Umgebung ändern. Die gemessenen Daten an den einzelnen Stationen können von der Öffentlichkeit über die App „uniWeather“ abgerufen werden. Entwickelt hat sie der Student Gregor Feigel als Projektarbeit. Sie ist im App Store kostenlos verfügbar (nur für iOS).
Messstationen lassen sich in der App auswählen
Alle derzeit 42 Stationen messen Lufttemperatur, Feuchte und Niederschlag. Sie übermitteln die Daten alle fünf Minuten per Mobilfunknetz. An 13 der Stationen wird zusätzlich unter anderem Luftdruck, Wind, Sonneneinstrahlung und Strahlungstemperatur erfasst. Mithilfe dieser zusätzlichen Messgrößen kann an den jeweiligen Stationen ebenfalls die so genannte thermische Belastung errechnet werden, also der Hitze- oder Kältestress, dem Menschen dort ausgesetzt sind. „Unser Messnetz hat einen besonderen Schwerpunkt auf Hitze in der Stadt. Das ist in dieser Form einzigartig“, sagt Christen.
In der App lassen sich sowohl die Messstationen in verschiedenen Stadtteilen einzeln auswählen als auch Messgrößen wie etwa Niederschlag oder PET (Physiologisch äquivalente Temperatur), also die Wärmebelastung anzeigen – inklusive einer Grafik für die vergangenen 24 Stunden. Karten zeigen in einer Übersicht über das Stadtgebiet Unterschiede bei den jeweiligen Werten. Die aktuelle Temperatur einer ausgewählten Messstation lässt sich zusätzlich auf dem Sperrbildschirm des Handys ablesen.
Stadt stellt Masten und Strom zur Verfügung
Beim Aufbau des Messnetzes haben Christen und sein Team eng mit der Stadt Freiburg zusammengearbeitet, die unter anderem Laternenmasten zur Befestigung sowie den Strom zum Betrieb der Stationen zur Verfügung stellt. Die Stadtverwaltung kann die Daten der Universität zukünftig auch selbst nutzen, um noch zielgenauer extreme Wetterereignisse zu registrieren. Und klimatische Unterschiede innerhalb der Stadt könnten in längerfristige städtebauliche Planungen mit einbezogen werden. Weiter ist geplant, dass die Stadt die Daten in Echtzeit und historisiert über ihre Datenportale allen Interessierten kostenlos verfügbar macht.
Daten für die Forschung
Entstanden ist das Messnetz an der Universität Freiburg im Rahmen des 2020 gestarteten EU-Projekts „urbisphere“. „Freiburg wird damit zum Testfeld für Stadtklima-Modelle an mehreren europäischen Universitäten und für Wetterdienste“, sagt Christen, der das Projekt leitet. Die Forschenden nutzen die Daten des Messnetzes, um neue Modelle zu entwickeln, die Klimaveränderungen und Wettervorhersagen kleinräumig auflösen: „Wir brechen die Entwicklungen herunter auf die Eben von Stadtteilen – wie betreffen zum Beispiel Wärmeinseln an heißen Tagen Weingarten und wie Littenweiler?“ Das „urbisphere“-Projekt ist an mehreren europäischen Universitäten angesiedelt und untersucht weltweit Modellstädte. Es läuft noch bis 2027 und wird durch einen Synergy Grant des European Research Council (ERC) der EU mit insgesamt zwölf Millionen Euro gefördert.
Künstliche Intelligenz errechnet Modelle
Auch das gemeinsame Projekt „I4C – Intelligence for Cities“ der Universität Freiburg und mehrerer Freiburger Fraunhofer-Institute nutzt die Daten des Messnetzes. Es erforscht mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI), welche Stadtteile besonders Hitze, Hochwasser und Stürmen ausgesetzt sind und wie wir darauf reagieren können. Betrachtungen zu Ethik und Datenschutz beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz sind ebenfalls Thema. Das Projekt wird geleitet von dem Informatiker Prof. Dr. Thomas Brox, Professor für Mustererkennung und Bildverarbeitung an der Universität Freiburg, und vom Bundesumweltministerium als „KI Leuchtturm“ gefördert.
Die Freiburger App „uniWeather“ für iOS gibt es kostenlos im App Store