Editorial

Stresstest für Städte

Liebe Leserin, lieber Leser,

Gute Zeiten – schlechte Zeiten? Sieht so aus, als seien die „guten Zeiten“ tatsächlich erst mal vorbei. Wir müssen uns wohl oder übel auf eine längere „schlechte Phase“ einstellen. Denn die Übergänge zwischen den aktuellen großen Krisen sind fließend, Krisenzeiten werden zunehmend als Dauerzustand wahrgenommen.

Mitten in der Corona-Pandemie zeigte die Flutkatastrophe des Jahres 2021, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch in Mitteleuropa verheerend sein können. Corona- Auflagen werden nun hierzulande zwar wieder aufgehoben, aber ob die Pandemie damit wirklich schon vorbei ist, bleibt fraglich – besonders mit Blick etwa auf China oder Nordkorea. Und mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wird auf brutale Weise
klar, wie schnell vermeintliche Sicherheitskonstrukte sich in Luft auflösen können.

Folgen dieser primären Krisen sind weitere Bedrohungen: Lieferketten reißen ab, die globalisierte Wirtschaft und Finanzwelt gerät aus dem Tritt. Die Energieversorgung steht auf dem Spiel und nicht zuletzt die Ernährung der Weltbevölkerung. Und ob dieser Herausforderungen wird ausgerechnet der Kampf gegen die Klimakrise vorläufig vertagt. Das bedeutet: Krisen reihen sich nicht nur aneinander, sie verstärken sich gegenseitig und lassen weitere neue Krisenherde entstehen. Kann diese Abwärtsspirale noch aufgehalten werden – und wenn ja, wie?

Zumindest einen Hoffnungsschimmer gibt es, denn endlich wird die Problematik auch in der Breite erkannt: Die geradezu unglaublichen weltweiten Abhängigkeiten und Verflechtungen machen Systeme nicht sicherer, sondern krisenanfälliger. Die Auswirkungen dieser komplexen Zusammenhänge spüren wir selbst jeden Tag in der Apotheke, beim Bäcker oder an der Zapfsäule.

Höchste Zeit also, diese Dynamik zu durchbrechen. Es gilt, Krisenherde nicht mehr nur einzeln zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit globalen Fehlentwicklungen. Statt neue Nationalismen aufzubauen, müssen auf dem Weg zu wirklicher Nachhaltigkeit Grenzen überwunden werden – reale und vor allem mentale. Mit dieser Erkenntnis lässt sich dann auch vor Ort ganzheitlich an guten Lösungen für bessere Zeiten arbeiten.

In der Ausgabe 2|2022 können Sie nachlesen, welche Maßnahmen Städte und Gemeinden bereits ergreifen, um resilienter gegenüber diversen Stressfaktoren zu werden und somit künftige Krisen und Herausforderungen besser meistern zu können.

Ihre
Christine Ziegler
Redaktionsleitung „Transforming Cities“