Editorial

Urbane Mobilität

Liebe Leserin, lieber Leser,

keine Frage: Mobilität ist ein Ausdruck von Freiheit und Unabhängigkeit, ein Zeichen moderner Lebensart. Es ist so einfach, schnell mal ins Auto zu steigen und irgendwohin zu fahren oder übers Wochenende in irgendeine Metropole zu jetten. Und wenn der gut bezahlte Job eine Stunde entfernt ist, wird halt zwangsläufig gependelt.

Weil Mobilität so einfach und für die meisten auch erschwinglich ist, nimmt das Verkehrsaufkommen seit Jahren dramatisch zu. In den letzten 30 Jahren wuchs in Deutschland die Fahrleistung aller Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr laut Umweltbundesamt
um fast ein Drittel, die Güterverkehrsleistung sogar um 75 Prozent. Mit über 40 Prozent hat der Urlaubs- und Freizeitverkehr den größten Anteil an der Personenverkehrsleistung. Und: Prognosen rechnen für das nächste Jahrzehnt hierzulande mit einem weiteren deutlichen Anstieg des Güter- und Personenverkehrs.

Bereits jetzt stößt die Freiheit, schier grenzenlos mobil zu sein, an ihre Grenzen. Das vorhandene Verkehrssystem gerät immer mehr zur ökologischen und sozialen Belastung. Die Infrastruktur ist der Entwicklung nicht gewachsen und gerät zum Flaschenhals wirtschaftlicher Entwicklung. Fast ein Fünftel der CO2-Emissionen sind dem Verkehrssektor zuzurechnen und die Flächen, die in Städten für den fließenden und ruhenden Verkehr belegt werden, fehlen für andere Nutzungen im öffentlichen Raum.

Kaum jemand, der nicht begriffen hat, dass wir eine tiefgreifende Verkehrswende brauchen. Doch die Aufgabe ist komplex: mehr Mobilität mit weniger Verkehr; Verbesserung der Luftqualität und Verminderung des Ressourcenverbrauchs; bessere Lebensqualität in Städten, verbunden mit gesünderer Lebensweise durch Bewegung, und – nicht zu vergessen – die Transformation der Automobilindustrie hin zu nachhaltigen Produkten und zukunftssicherer Beschäftigung.

Wo also anfangen? Mal öfter auf das Fahrrad umzusteigen, wird alleine nicht genügen. Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn grundsätzlich neu gedacht und der Wandel von allen gesellschaftlichen Gruppen mitgetragen wird. An technologisch sinnvollen Entwicklungen fehlt es sicher nicht. Viele gute Ansätze, Ideen und Projekte zu neuer Mobilität werden in Ausgabe 1|2022 vorgestellt. Nun braucht es den politischen Willen, den Wandel tatsächlich einzuleiten.

Ihre
Christine Ziegler
Redaktionsleitung „Transforming Cities“