Editorial

Versorgung von Städten

Versorgung von Städten

Liebe Leserin, lieber Leser,

Städte befinden sich definitiv im Wandel. Ängste, Skepsis und das Bestreben, die „guten, alten Zeiten“ gerne bewahren zu wollen, halten die Verstädterung, also den massenhaften Zuzug der Menschen vom Land in die Ballungszentren dieser Welt, nicht auf. Das belegt die Statistik: Bereits heute leben weltweit mehr als die Hälfte aller Menschen in Städten. Um das Jahr 1900 waren es erst rund zehn Prozent.

Vor allem die Metropolen in Schwellen- und Entwicklungsländern sind Ziele einer gewaltigen Landflucht. Doch auch in den Industrienationen besitzen Großstädte eine enorme Anziehungskraft, bieten sie doch mehr Chancen auf einen guten Job sowie bessere Lebensbedingungen – mit mehr Qualität und Vielfalt bei Bildung, Gesundheitsversorgung und kulturellen Angeboten.

Bis zum Jahr 2050 soll die Weltbevölkerung nach vorsichtiger Schätzung der Vereinten Nationen insgesamt auf mindestens 9,6 Milliarden anwachsen. Der Anteil der Stadtbewohner soll dann bis zu drei Viertel davon betragen – also über sieben Milliarden. Kaum vorstellbar: In nur drei Jahrzehnten leben dann doppelt so viele Menschen wie heute in München oder in London, in Shanghai, Tokio oder in Dehli.

Schon jetzt verbrauchen Städte den größten Teil der genutzten Energie und der verfügbaren Rohstoffe. Verschmutzte Luft, Lärm, Müllberge und Wohnraummangel sind längst Realität in den meisten Metropolen der Welt. Die Verkehrssituation in vielen Innenstädten, aber auch Einzugsgebieten, stößt an die Grenzen der Belastbarkeit. Und die reinen Zahlen machen deutlich, dass die eigentlichen Herausforderungen erst noch bevorstehen, wenn die Entwicklung einfach so weiter geht.

Kernfragen sind also: Kann die Versorgung von Städten und ihren Bewohnern mit Nahrungsmitteln und Wasser, Energie und Wohnflächen, mit Bildung und Mobilität innerhalb relativ kurzer Zeit überhaupt auf das Doppelte hochgefahren werden? Lässt sich der CO2-Ausstoß bei solchem Wachstum trotzdem irgendwie unter die jetzigen Werte drücken? Innerhalb der bestehenden Strukturen und mit altbewährten Mitteln wird dies sicher nicht gelingen.

Deshalb ist Umdenken notwendig. Neue Ideen sind gefragt – zum Systemwechsel in der Energieversorgung und bei der Mobilität, zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und Flächen, aber auch für das Zusammenleben und die gemeinsame Organisation des Wandels. Dank digitaler Technologien ist heute schon Vieles möglich. Forscher und Praktiker arbeiten bereits an etlichen erfolgversprechenden Lösungen. Einige davon stellen wir in Heft 2|2018 vor. Lesen Sie selbst.

Ihre
Christine Ziegler
Redaktionsleitung